Über diesen Verein gibt es bisher nur einen Aufsatz, und zwar von Dr. Winfried Grabitz „Der Gradierwerkeverein“; im Jahrbuch 2013, S. 84, den ich im Folgenden zitiere:
Unser Heilbad verfügt über zwei Gradierwerke. Sie stehen im Kurpark und sind von beträchtlichem Umfang. Das größere Gradierwerk, erbaut im Jahr 1835, ist 120 Meter lang und 12,5 Meter hoch, das kleinere Gradierwerk, erbaut im Jahr 1932, ist 58 Meter lang und 13 Meter hoch. Beide Gradierwerke haben zusammen eine Fläche von 3.600 m², die jeweils aus kurz geschnittenen Schwarzdornästen besteht. Über dieses Schwarzdorngeäst rieselt die nach oben gepumpte Sole herunter und führt dem Spaziergänger das für die Atemwege so gesunde Aerosol in feinster Tropfen- bzw. Nebelkonsistenz zu.
Beide Gradierwerke stehen unter Denkmalschutz, ihre Erhaltung ist mit einem hohen Pflege- und Sanierungsaufwand verbunden. Die Schwarzdornwände müssen regelmäßig ausgebessert und etwa alle 20 Jahre erneuert werden, da sie im Laufe der Zeit aufgrund der Zusammensetzung der Sole Kalk ansetzen und dadurch an Gewicht zunehmen.
Da die letzten umfangreichen Sanierungsmaßnahmen, insbesondere die regelmäßigen Erneuerungsarbeiten an den Schwarzdornflächen, längere Zeit zurücklagen, stellte sich Anfang 2006 die Frage, wer die Mittel für eine größere Investition aufbringen könnte. Der Verkehrsverein ist als Eigentümer des Kurparks zugleich Eigentümer der beiden Gradierwerke. Demgemäß oblag dem Verkehrsverein nicht nur die regelmäßige Unterhaltung der Gradierwerke, sondern auch die Aufgabe, größere Reparaturarbeiten durchzuführen und zu finanzieren. Dieser Gesamtaufwand konnte vom Verkehrsverein nicht aufgebracht werden, zumal der Kurpark und die Gradierwerke bei Gründung des Verkehrsvereins im Jahre 2002 noch nicht im Eigentum des Verkehrsvereins standen und die Pflege der Gradierwerke folglich nicht zu den satzungsmäßigen Aufgaben des Verkehrsvereins gehörte. Darüber hinaus war der Verkehrsverein steuerrechtlich nicht berechtigt, größere finanzielle Rücklagen für anstehende aufwändige anierungsmaßnahmen bezüglich der Gradierwerke zu bilden.
Aufgrund von intensiven Verhandlungen erreichte der Verkehrsverein vom Finanzamt die Zusage, dass im Hinblick auf die Denkmalpflege ein gemeinnütziger Verein gegründet werden durfte, dem ausnahmsweise gestattet wurde, größere Rücklagen zu bilden, die im Bedarfsfall für Sanierungszwecke zu Gunsten der beiden Gradierwerke sofort zur Verfügung standen.
Die Suche nach engagierten und interessierten Gründungsmitgliedern dauerte nicht lange. Am 19.12.2006 trat ein Arbeitskreis zusammen, der aus folgenden natürlichen und juristischen Personen bestand: Verkehrsverein für Bad Westernkotten und die Stadt Erwitte e. V., Kur- und Verkehrsverein Bad Westernkotten e. V., Heimatverein Bad Westernkotten e. V., Volksbank, Sparkasse sowie Wolfgang Marcus als Ortsvorsteher, Willi Stillecke, Franz-Josef Brock und Jürgen Kemper.
Hierbei ist besonders herauszuheben, dass Willi Stillecke, Franz-Josef Brock und Jürgen Kemper ein persönliches Interesse an der Vereinsgründung hatten, zumal diese drei Personen ausgesprochene Fachleute auf dem Gebiet der Salinentechnik waren.
Die Gründungsversammlung vom 19.12.2006 verabschiedete die Vereinssatzung, deren wesentlicher Inhalt darin besteht, die Gradierwerke für Bad Westernkotten zu erhalten. Zugleich wählte die Gründungsversammlung die folgenden Personen in den Vereinsvorstand:
- Vorsitzender Dr. Winfried Grabitz
- Vorsitzender Franz-Josef Brock
Kassierer Willi Stillecke
Beisitzer Jürgen Kemper
Geschäftsführer Hans-Jürgen Köchling
Diese Personen haben den Verein bis zum heutigen Tage geführt, lediglich ist für den zwischenzeitlich verstorbenen Willi Stillecke dessen Sohn Andreas Stillecke dem Gradierwerkeverein beigetreten und hat die Vorstandsarbeit seines Vaters aufgrund seiner Fachkenntnisse fortgesetzt. Nach Ablauf der ersten Wahlperiode übernahm Werner Plümpe im Jahr 2012 die Position des 1. Vorsitzenden.
In jedem Jahr veranstaltet der Gradierwerkeverein zusammen mit dem Heimatverein zur Eröffnung der Kursaison ein Siederfest, in dessen Verlauf mittels einer nachgebauten Siederpfanne gezeigt wird, wie aus flüssiger Sole durch Erhitzen Salz gewonnen wird.
Die Finanzierung der Gradierwerkevereins wird sichergestellt durch die Mitgliedsbeiträge, durch Spenden und insbesondere durch den Erlös, der auf dem jährlichen Siederfest erzielt wird.
Mit Blick auf die Vergangenheit hat der Gradierwerkeverein ein historisches Erbe angetreten, indem er durch den Erhalt der beiden Gradierwerke die Jahrhunderte alte Nutzung der Solequellen in Bad Westernkotten aufrechterhält. Bekanntlich sind die Salzquellen zum ersten Mal im Jahr 1312 urkundlich erwähnt. Die ausgehöhlten Baustämme, die an der großen Saline liegen, bezeugen den früheren schwierigen Transport der Sole von den Quellen zu den Gradierwerken.
Mit Blick auf die Zukunft hat es sich der Gradierwerkeverein zum Ziel gesetzt, mit der gesunden Salzluft die Gesundheit der Gäste und Besucher zu fördern und den Standort unseres Heilbades zu sichern. Ich habe deshalb die beiden Gradierwerke aus Anlass eines Siederfestes als „aufrecht stehende Goldbarren von Bad Westernkotten“ bezeichnet.
2023 wurde der Gradierwerkeverein aufgelöst und in den Verein Saline e.V. Bad Westernkotten überführt. Vorsitzender ist dort Andreas Stillecke.