1988: Das Standesamt in (Bad) Westernkotten 1921-1974

von WOLFGANG MARCUS [Erstabdruck: Heimatblätter Lippstadt 1988, S. 142 -144]

1. ZUR SITUATION VOR DER EINRICHTUNG DES STANDESAMTES WESTERNKOTTEN

Über Jahrhunderte bilden die Kirchenbücher die Hauptquellen für denjenigen, der sich mit Familien- und Ahnenforschung beschäftigt und nach Geburts- und Sterbedaten usw. seiner Vorfahren forscht. Die älteren Kirchenbücher der katholischen Pfarrei Erwitte — zu dieser gehörten die Katholiken Westernkottens bis zum Februar 1902 — befinden sich im Archiv des Erzbischöflichen Generalvikariats in Paderborn.[1] Duplikate solcher Kirchenbucheintragungen liegen für den ‚Bereich Erwitte seit 1779 vor. Sie gehen auf eine landesherrliche Verordnung des Erzbischofs Maximilian Friedrich von Köln vom 27.2.1779, eine Verordnung im Großherzogtum Hessen – Darmstadt aus dem Jahre 1808 und auf eine zum 1.1.1815 auch für den Bereich Erwitte geltende Bestimmung des Allgemeinen Preußischen Landrechts zurück[2] und befinden sich heute. im Personenstandsarchiv Detmold. [3]

Die letztgenannte Bestimmung blieb bis zur Einführung einer staatlichen Personenstandsbeurkundung und der Einrichtung von Standesämtern in Preußen am 1. Oktober 1874 in Kraft. [4]

Zu diesem Termin wurde auch in Erwitte ein entsprechendes Standesamt eingerichtet, — Vor allem wohl aufgrund der räumlichen Distanz, aber auch aus dem Wunsch nach mehr Eigenständigkeit, setzte etwa in den Jahren 1912/1913 in Westernkotten das Bestreben ein, ein eigenes Standesamt zu bekommen. Im Gemeinderatsprotokoll vom 18. Juni 1913 heißt es dazu: „Mit Bezug auf die schon geführten Verhandlungen wegen eines selbständigen Standesamtes für die Gemeinde Westernkotten erkennt Vertretung Bedürfnis hierfür an und beschließt einstimmig, wegen der Abzweigung von dem Standesamt Erwitte bei der vorgesetzten Behörde der Königl. Regierung zu Arnsberg vorstellig zu werden und beauftragt den Gemeindevorsteher, in dieser Angelegenheit das Weitere in die Wege zu leiten, Als Standesbeamte wurde vorbehaltlich der Genehmigung der Königl. Regierung zu Arnsberg der Salinen-Controlleur Franz Hense und als Stellvertreter die Herren Gemeindevorsteher Jesse und Wilhelm Hollenbeck einstimmig gewählt.“ [5]

Ganz so schnell konnte das Projekt dann aber doch nicht realisiert werden: Am 16.11.1914 beschloss die Gemeindeversammlung deshalb, nochmals in dieser Sache in Arnsberg vorstellig zu werden. [6]

Vor allem vermutlich Kriegs- und Nachkriegswirren führten dann aber dazu, dass die Einrichtung eines selbständigen Standesamtes Westernkotten erst zum 1. August 1921 [7] genehmigt wurde.

2. DAS EIGENSTÄNDIGE STANDESAMT (BAD) WESTERNKOTTEN

Erster Standesbeamter mit Wirkung vom 1.8.1921 wurde Josef Duwentester, der am 15.2.1921 auch zum Gemeindevorsteher von Westernkotten gewählt worden war. Er wohnte im Hause Wolfsangel 1, an dem auch ein Schild an der Außenwand auf das Standesamt hinwies, Die standesamtlichen Beurkundungen fanden im Wohnzimmer, der „guten Stube“, statt. Bei Eheschließungen folgte in dieser Zeit auf die zumeist abends vorgenommene standesamtliche Trauung der Polterabend, am nächsten Tag die kirchliche Eheschließung. [8] Josef Duwentester, geboren am 31.10.1872, übte sein Amt als Standesbeamter bis kurz vor seinem Tod am 26.2.1942 aus.

Der erste Standesbeamte in Westernkotten 1921—1942; – Josef Duwentester (1872—1942) Zum 1.4.1942 übernahm auf Beschluss des Gemeinderates Landwirt und Bürgermeister Heinrich Eickmann das Standesamt der Gemeinde. [9] Eickmann (geb. 23.10.1887, gestorben 8.7.1971) wohnte in der Weringhauser Straße 14. Hier war im Wohnzimmer auch der Ort der standesamtlichen Beurkundungen. In der nationalsozialistischen Zeit wurde bei einer Trauung ein Bild Adolf Hitlers an der Wand über den Köpfen der Heiratenden aufgehängt, das aber nach vollzogenem Akt wieder abgenommen wurde. Auch erhielten die Frischvermählten aus der Hand des Standesbeamten ein Exemplar von „Mein Kampf“.

Viel Arbeit erforderte nach dem Krieg bei Eheschließungen von Flüchtlingen und Vertriebenen das Besorgen der Papiere „aus dem Osten“. — Als im Jahre 1953 das Wohnhaus der Familie Eickmann den Flammen zum Opfer fiel, wurden zwischenzeitlich die Trauungen usw. bei Gudermann, Schützenstraße, durchgeführt.

Im neuen Wohnhaus, dem Haus der jetzigen Familie Heinrich Eickmann, befand sich das Standesamtszimmer (Wohnzimmer) im hinteren Teil des Gebäudes links. Frische Blumen kamen auf den Tisch, wenn ein Heiratstermin anberaumt worden war, und nicht selten gab’s nach vollzogenem Akt ein Schnäpschen, oder der Standesbeamte wurde von den Brautleuten noch mit nach Hause genommen. Aus Altersgründen gab Eickmann das Amt Ende 1958 ab. [10] In der Gemeinderatssitzung vom 5. Dezember 1958 wurde Heinz Brüggemeier zu seinem Nachfolger gewählt. Mit Datum vom 13.1.1959 erhielt er seine Ernennungsurkunde. Er wohnte damals in der Bruchstraße 18. Dort fanden auch die Personenstandsbeurkundungen statt. Aufgrund zunehmender Beanspruchung in anderen Dingen gab er sein Amt schon mit Ablauf des 31.3.1961 wieder ab. [11]

Sein Nachfolger wurde Willi Köneke, Am Grüngürtel 7. In seine Amtszeit fällt ein deutlicher Anstieg der Bevölkerung Bad Westernkottens, so dass die Beanspruchung — zumeist abends nach Feierabend — zusehends wuchs, Willi Köneke erinnert sich [12], dass er zu Beginn seiner Tätigkeit einen Einführungslehrgang besuchen musste und anfangs für diese ehrenamtliche Tätigkeit 100 DM/Monat erhielt. Da sich etliche Bewohner beschwerten, das Standesamt nicht telefonisch erreichen zu können, wurde ihm auf Antrag circa 1970 ein Diensttelefon genehmigt.

Als mit Ablauf der kommunalen Eigenständigkeit am 31.12.1974 auch die Tage eines eigenen Standesamtes für Bad Westernkotten gezählt waren, war das Willi Köneke nicht unrecht; denn die Arbeit war angesichts der deutlich gestiegenen Bevölkerung ehrenamtlich kaum noch zu leisten., Erinnern kann sich Herr Köneke auch noch, dass das erste Brautpaar, das er getraut hat, Ortsvorsteher Alfred Beste mit seiner Frau Leni war.

3. NACH DER AUFLÖSUNG DES STANDESAMTES BAD WESTERNKOTTEN

Vom 1. Januar 1975 an, seitdem nach der kommunalen Neuordnung die Stadt Erwitte an der heutigen Form existiert, müssen die Bewohner Bad Westernkottens wieder — wie schon von 1874 bis 1921 — zur Beurkundung von Personenstandsangelegenheiten nach Erwitte zum Standesamt in der Stadtverwaltung. Es ist dort der Abteilung „Hauptamt“ zugeordnet. Standesbeamte des Standesamtes Erwitte waren und sind seitdem:

Herr Willi Laufer ab 1.1.1975,

Herr Matthäus Scharf vom 1.1.75 bis 31.10.82,

Herr Josef Strugholz vom 1.1.75 bis 30.6.84,

Herr Georg Funke vom 17.2.75 bis 31.5.84,

Herr Wilfried Balke ab 22.6.77,

Herr Hubert Hilgers ab 22.6.77,

Herr Peter Megger ab 15.5.85. [13]

Schon 1967 wurde für Trauungen im Rathaus der Stadt Erwitte ein Trauzimmer eingerichtet, Die Anzahl der Personenstandsbeurkundungen seitdem für die Gesamtstadt ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:

Jahr Geburten Eheschließungen Sterbefälle

1975   212          71                           220

1976   190          76                           200

1977   181          70                           203

1978   213          69                           176

1979   216          82                           202

1980   197          75                          186

1981   176          71                           202

1982   185          71                           177

1983     62           /3                            198

1984   —              61                           174

1985   —              59                           189

1986     1             60                           174

1987   —              58                           175

Bildunterschrift: Standesbeamter Willi Köneke (links) 1961—1974 mit einem frisch vermählten Paar und Trauzeugen.

Der Rückgang der Geburten ist auf die Schließung der gynäkologischen Abteilung im Krankenhaus Erwitte zurückzuführen. Nach Angaben von Herrn Laufer [14] erfolgt die Beurkundung nach wie vor in herkömmlicher Weise. Mit einer Automation (EDV) ist vorläufig nicht zu rechnen.


[1] Dessen Bestände bis 1820 sind veröffentlicht von Johannes Linneborn, Inventar des Archivs des bischöflichen Generalvikariats zu Paderborn, Inventar der nicht-staatl. Archive Westfalens, Münster 1920.

[2] Vgl.: Staatsarchiv Detmold (Hrsg.): Die Bestände des Personenstandsarchivs Detmold bis 1874/1875, Detmold 1975, S.2

[3] Ebd, S. 27; im Einzelnen befinden sich dort für die kath. Kirchengemeinde Angaben für die Jahre 1779 bis 1874 und für die evgl. Kirchengemeinde von 1868 bis 1874.

[4] Ebd. 5. 3

[5] Zitiert nach: Maria Peters, Zur Geschichte Westernkottens in der Zeit des deutschen Kaiserreichs 1871-1918, in: Bad Westernkotten, altes Salzerdorf am Hellweg, Lippstadt 1987, S. 174-204, hier S, 195

[6] Ebd. S, 198

[7] Nach Angaben der Stadtverw. Erwitte — Herr Laufer — v. 20.1.1988

[8] Nach Angaben von Magdalene Jesse am 10.2.1988

[9] Vgl. Bad Westernkotten, altes Sälzerdorf am Hellweg, S. 230

[10]  Nach Angaben von Heinz Brüggemeier am 7.2.1988

[11] Alle Ausführungen hierzu nach Angaben von Maria und Heinr. Eickmann am 5.2.1988

[12] Angaben nach einem Telefonat mit Herrn Köneke am 10.2.1988

[13] Nach Angaben der Stadtverw. Erwitte in einem Schreiben vom 24.2.1988

[14] Ebd.