1992: Vor 30 Jahren verließen die Dernbacher Schwestern Bad Westernkotten

Von Wolfgang MARCUS (Bad Westernkotten)

In: Heimatblätter 1992, S. 42-48

Mehr als 40 Jahre wirkten Ordensschwestern der Armen Dienstmägde Jesu Christi, bei uns besser bekannt als Dernbacher Schwestern, segensreich in Bad Westernkotten.

Vor allem im Bereich der ambulanten Krankenpflege, der Unterrichtung älterer Mädchen im Nähen und Stricken und im Kindergartenbereich haben sie Großartiges geleistet. Sie wohnten im Elisabeth-Heim, im Dorf „Schwesternhaus“ genannt, an der Aspenstraße/Ecke Schützenstraße. Die Eröffnung dieser Ordensfiliale erfolgte am 3. Mai 1921. – Die letzten Schwestern verließen Bad Westernkotten am 29. 3. 1962.

Bereits im Herbst 1981 weilte ich im Mutterhaus der Schwestern in Dernbach im Westerwald, um die jährlich von der Schwester Oberin angelegte Chronik des Schwesternhauses in Bad Westernkotten zu besorgen. Daraus sind die folgenden Abschnitte ausgewählt.

Eine umfassendere Aufarbeitung des Wirkens der Dernbacher Schwestern in unserem Ort steht noch aus.

CHRONIK DES ELISABETHHEIMES ZU WESTERNKOTTEN

1921

Am 3, Mai 1921 fand die Einweihung unseres Elisabethheimes statt. Bei dieser Feier war die Gemeinde Westernkotten soweit als möglich vollzählig zugegen, denn der Gedanke, das Elisabethheim zu vollenden und auch zu erhalten, war ein Wunsch, den dieselbe schon lange Jahre hegte. Der eigentliche Gründer des Hauses ist Herr Pfarrer Bokel, welcher seit Kriegsbeginn in Beverungen wirkt. Unter Mitwirkung des damaligen Gemeindevorstehers, Herrn Leo Jesse, gelang es verschiedenen hochherzigen Wohltätern, den Bau zu beginnen und zu fördern. Da brach der Krieg aus und lähmte das Interesse, und somit versiegten auch die Geldquellen für den weiteren Bau des Hauses. Der jetzige Ortsgeistliche Herr Pfarrer Ronnewinkel frischte das Interesse für das Schwesternhaus wieder auf, indem er eine Büchsensammlung monatlich von Haus zu Haus einführte. Nun flossen dem Baufonds wieder langsam neue Mittel zu. Auch aus den Überschüssen des Gefangenenlagers, das sich während des Krieges in der alten Schule befand, wurden dem Schwesternhaus Mittel zur Verfügung gestellt. Ebenso bewilligte die Gemeindevertretung von Westernkotten einen Zuschuss von 2000 Mark. Diese Auszahlung jedoch wurde behördlicherseits davon abhängig, dass sich ein Verein bilde, der das Haus erwerbe und erhalte, und so entstand am 28. Juli 1918 der Verein „Elisabethheim“, welcher gerichtlich eingetragen ist und den „obengenannten Zweck verfolgen soll, das Elisabethheim zu erwerben, zu unterhalten und seiner Bestimmung entgegenzuführen. Mittlerweile war auch die ministerielle Genehmigung der Schwesternniederlassung eingetroffen. In der Verfügung des Ministers der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten vom 9, Juni 1918 heißt es: Auf den Bericht vom 14. Mai d. J. wollen wir genehmigen, dass in Westernkotten eine Niederlassung der Genossenschaft der Armen Dienstmägde Jesu Christi aus dem Mutterhause zu Dernbach behufs Ausübung der Haus-Krankenpflege errichtet werde. Zugleich wollen wir der genannten Genossenschaft widerruflich gestatten, in Verbindung mit dieser Niederlassung die Pflege und Unterweisung von Kindern katholischen Bekenntnisses, die sich noch nicht in schulpflichtigem Alter befinden, in der daselbst neu zu errichtenden Kleinkinderbewahranstalt sowie die Leitung und Unterweisung in einer Handarbeitsschule und in einer Haushaltungsschule für katholische Mädchen in nicht mehr schulpflichtigem Alter als Nebentätigkeit zu übernehmen, Das Haus wurde von dem Vorstand des Elisabethheimes erworben und ging nun seiner Vollendung entgegen. Herr Salinenkontrolleur Hense, welcher Rendant des Hauses war, wurde zum Bauleiter ernannt und widmete sich uneigennützig seiner Aufgabe. Die Arbeiten am Bau des Hauses nahmen jetzt schnellen Fortgang, und es wäre möglich gewesen, das Elisabethheim schon früher zu eröffnen, doch das Mutterhaus in Dernbach war nicht eher in der Lage, Schwestern für die neue Filiale zu schicken. Nun war endlich der Tag gekommen, an dem die feierliche Einweihung stattfinden sollte.

Um 8 Uhr morgens wurden die drei neuen Schwestern in Begleitung der Generalassistentin von Dernbach, Schw. Arnulfa, und den Oberinnen von Erwitte und Horn in die festlich geschmückte Dorfkirche eingeführt. Es kamen Schw. Ethelredis als Oberin, Schw. Verola für die ambulante Krankenpflege und die Novizin Schw. Hermella für die neu zu errichtende Bewahrschule. Die Kirche war dicht gefüllt von Gläubigen. Es waren vertreten: der Kirchenvorstand, der Vorstand des Elisabethheims, Herr Amtmann Maurer und Herr Gemeindevorsteher Duwentester als Vertreter der politischen Gemeinde. Der Ortspfarrer Ronnewinkel richtete zuerst eine herzliche Ansprache an die Gläubigen, in welcher er darlegte, dass die Schwestern es sich zur Aufgabe gestellt, das sozial-caritative Leben der Gemeinde zu fördern, nach dem Vorbilde der hl. Elisabeth, der Schutzpatronin des Hauses, ganz besonders aber nach dem Beispiel ihres Herrn und Heilandes, um dessen Willen sie alles verlassen haben. Darauf folgte das Leviten-Amt, gelesen vom Herrn Pfr. Ronnewinkel, unter Assistenz von Herrn Pfarrer Thiemann, Bökenförde, u. Herrn Pfarrer Pehle, Erwitte. Nach dem Gottesdienst zogen die Gläubigen in Prozession zum festlich geschmückten Elisabethheim, unter Absingen des Veni Creator. Weißgekleidete Mädchen gingen voran, Nun empfing das Haus die kirchliche Weihe vom Herrn Pfarrer Ronnewinkel. Die Feier schloss ein schlichtes Kaffeefrühstück, woran sich die Vertreter der obengenannten Körperschaften und die Schwestern beteiligten. Bei

dieser Gelegenheit wurde von Seiten unseres Ortspfarrers ein Glückwunschschreiben von Herrn Pfr. Bokel übermittelt, der ja der eigentliche Gründer des Elisabethheimes ist. Nachdem ersterer allen, die ihm bei Errichtung des Hauses zur Seite gestanden, noch einmal herzlich dankte, wies er darauf hin, dass die neue Niederlassung mit dem Kreiswohlfahrtsamte Hand in Hand gehen sollte zwecks sozial- hygienischer Hebung der Gemeinde. Auch Herr Amtmann Maurer, Erwitte, richtete noch eine herzliche Ansprache an alle und versprach seine tatkräftige Mithilfe. Es wurden noch sämtliche Räume besichtigt, und dann verabschiedeten sich die Geladenen.

Nun war das neue Elisabethheim seiner Bestimmung übergeben. Die ersten Tage werden den drei Schwestern ewig im Gedächtnis bleiben. Obwohl der Bau im Äußeren fertig war, fehlte doch noch viel an seiner inneren Einrichtung. Die erste Etage war noch ganz im Rohbau. Von den drei Parterre-Zimmern mussten noch zwei für das Kreiswohlfahrtsamt reserviert werden. Eine verstorbene Lehrerin, Frl. Lenze, stiftete ein Sprechzimmer und eine Schlafzimmereinrichtung. Ohne Einnahme, aber mit großem Gottvertrauen ging es nun ans Werk. Der große Raum im Parterre, der für die Nähschule bestimmt war, wurde nun als Bewahrschule eingerichtet, denn sie sollte schon am 17. des Monats eröffnet werden und enthielt nichts als die vier leeren Wände, Die Gemeinde überließ uns einige alte Schulbänke, und für das nötigste Spielzeug sorgte Schw. Oberin von Erwitte. Es meldeten sich ungefähr 35 Kinder, welche erst auch alle kamen, aber so nach und nach auch wieder ausblieben, und man sagte uns, die Kinder seien die Freiheit gewöhnt. Doch es kamen auch wieder neue Anmeldungen, und nach vierteljähriger Tätigkeit hatten wir wieder im Durchschnitt 25—30 Kinder.

Der 24. Juni, der Namenstag unseres Herrn Pastors, war für die Kleinen ein Freudentag, der ihnen noch lange im Gedächtnis blieb. Wir hatten eine kleine Feier veranstaltet. Lieder und Gedichte wechselten. Zum Schlusse bekam jedes ein kl.  Geschenk, Körbchen mit Süßigkeiten. Herr Pastor nahm auch die kleine Schar mit in das Pastorat, dort deklamierten sie noch mal alles und bekamen alle Kuchen.

Zur Krankenpflege wurden wir auch immer mehr geholt, so dass beim ersten Bericht schon 36 Kranke und 30 Nachtwachen bezeichnet werden. – Im Juli erhielten wir vom Kreiswohlfahrtsamt Erwitte 1100 Mark für die nötigste Einrichtung der beiden Zimmer für die Mütterberatung u. Tuberkulose.- Später noch mal 3000 Mark. Hiervon bekamen wir erst eine Waschmaschine für 1137 Mark, und im September eine Nähmaschine für 1400 Mark.

Am 2. Juli wird hier in der Gemeinde der sogenannte Lobetag gefeiert, ein Fest, das einen tiefen Eindruck auf uns machte. Zweck und Ursprung dieses Festes ist folgender: Als im Jahr 1635 die Pest wütete, raffte sie fast die ganze Gemeinde hin, dass nur 20 Leute übrigblieben. Und diese machten das Gelöbnis, diesen Tag festlich zu begehen, an dem niemand sterben würde. Samstags ist strenger Fasttag für den Einwohner, es wird nicht gearbeitet, sonntags geht die Prozession schon um 6 Uhr aus und kommt 11 Uhr zurück. An vier Altären wird der Segen gegeben. Predigt im Freien. Die Muttergottes wird von vier Jungfrauen getragen, welche gekleidet sind in der Tracht aus der Zeit des Gelöbnisses. – Von nah und fern strömt alles an diesem Tag in die Heimat, um dieses Westernkottener Nationalfest zu feiern.

In August 1921 gings nun an die Heizungs-Reparatur. – Diese war im Jahre 1915 angelegt, aber durch Nachlässigkeit des dazu Beauftragten wurde das Wasser nicht abgelassen als der Frost kam, infolge dessen platzten fast sämtliche Heizkörper und ein Kesselglied, diese wurden herausgenommen und der Lippstädter Schweißerei übergeben. Im November 1922 wurden die geschweißten Heizkörper wieder aufgestellt, und.es zeigte sich, dass mehrere doch nicht dicht seien, diese wurden durch neue ersetzt. Anfang Dezember konnten wir zum ersten Male die Heizung benutzen. Der Gesamtkostenpunkt betrug ungefähr 11000 Mark.

Vom 13. bis 18. September machte Schw. Verola Exerzitien in Erwitte. Vom 22. bis 27. Oktober hielt Schwester Ethelredis Exerzitien im Mutterhause. Am 21. Dezember hatten wir eine kleine Weihnachtsfeier in der Bewahrschule. Weihnachtsspiele, Gedichtchen und Lieder der Kleinen wechselten ab, darauf folgte eine Ansprache des Herrn Pastor, dann die Bescherung. 39 Kinder und die Mütter waren zugegen, und verlief die Feier zur Zufriedenheit aller. Die Kinder bekamen eine Tüte mit Konfekt. Die Knaben Schilderhäuschen, Spardose, die Mädchen Bälle, Körbchen.

1922

Am 4. Januar kam Schwester Rodrina von Opladen für die Nähschule bzw. Strickschule für die Schulkinder. Am 16. Januar konnten wir nun die Nähschule eröffnen. Tische und Bänke wurden geliehen vom Schützenhof. Am 20. Januar die Strickschule, welche von ungefähr 30 bis 35 Kindern besucht wurde, diese lernten Stricken, Flicken, Häkeln und Sticken. In der Nähschule waren in den Monaten Jan., Febr., März, April über 30 Kinder. – Noch ein Arbeitsfeld wurde unserer Schwester Rodrina zuteil. Auf Wunsch des Hr. Pastor mussten wir uns des Jungfrauenvereins annehmen. Die Mädchen kamen sonntags nachmittags zu uns und übte Schwester Rodrina kleinere Stücke mit ihnen. – Am 2. Fastensonntag hielt der Jungfrauenverein seine erste Vorstellung zur größten Zufriedenheit der Gemeinde im Saale des Hr. Wiese; der Ertrag war 3306 Mark und floss dem Schwesternhaus zu. – 14 Tage später spielten auch die Schulkinder, und wir bekamen 1648,50 zum Besten des Schwesternhauses. – Am 12. April zu Ostern bekamen die Kinder in der Bewahrschule ein Körbchen mit gefärbtem Ei und kl. Zuckereier, 50 an der Zahl.

1931

Der Kindergarten wurde besucht von 60 kl. Kindern im Jahr. Weihnachten war Bescherung bei Kempers im Saal. Die Kinder führten einige Theaterstückchen auf mit dem gr. Mädchen aus der Nähschule im Interesse des Kindergartens. Am 20. Okt. wurde wegen Mangel an Raum die Scheune neben dem Elisabethheim zum Kindergarten umgebaut. – Das Geld erhielten wir geschenkt; 1500 M. von der Landesversicherung Münster, 500 M. vom Jugendamt, 500 M. von der Gemeinde hier, und somit wurde der Rohbau soweit fertig. Die Nähschule wurde von 17. gr. Mädchen besucht. In der ambulanten Krankenpflege wurden 205 Kranke gepflegt u. 29 Nachtwachen gehalten.

1932

Da wir noch Geld von der Regierung Arnsberg bekamen, 500 M., so konnten die Arbeiten im Kindergarten wieder aufgenommen werden. Der Caritasverband aus Paderborn schickte uns auch noch 250 M. dazu, und so wurden die Arbeiten bis Juni fertig. Hr. Pastor Schreckenberg nahm am 7. Juni die Einweihung von und wir freuten uns alle, dass der Kindergarten fertig war und von den Kleinen benutzt werden konnte. Die Eltern der Kinder waren zur Einweihung erschienen, und die Schw. Stefanita führte kleine Spielchen mit den Kindern auf, und es war für alle ein schöner Nachmittag. Da wir

später noch Geld vom Mutterhaus bekamen, so wurden Tische und Stühlchen angeschafft und ist jetzt das Notwendige vorhanden. In diesem Jahre wurde der Kindergarten besucht von 45 bis 50 Kindern, und Weihnachten wurden sie mit einer Tüte voll beschenkt und in Kempers Saal schöne Stückchen gespielt. Die Nähschule wurde besucht von 14 gr. Mädchen. In der ambulanten Pflege wurden 295 Kranke gepflegt und 35 Nachtwachen gehalten.

1937

Die Nähschule wurde im Sommer wegen der vielen Feldarbeit nur von einigen Mädchen, im Winter aber von 20 Mädchen besucht. Kindergarten wurde in diesem Sommer nicht wie sonst bis 4 Uhr nachmittags, sondern bis 5 1/2 Uhr gehalten, was für die Landleute eine große Erleichterung war. Betreut wurden 40 bis 50 Kinder. In diesem Jahr hielten die Kleinen nicht im Saale bei Kemper, sondern im Kindergarten eine schöne Nikolausfeier, wozu auch die Mutter und Herr Pfarrer sich beteiligten.

Die Kinder trugen hübsche Gedichte und kleine Spiele vor, und sowohl die Kinder wie auch die Mütter freuten sich sehr. Zum Schluss reichte der hl. Nikolaus allen eine kleine Gabe. Die Schwestern pflegten in der Gemeinde 376 Kranke und hielten 104 Nachtwachen bei denselben. Die Leute waren den Schwestern gut und wohltätig. Durch die Hilfe von guten Wohltätern konnten wir uns in diesem Jahre für unser Kapellchen zwei neue Postamente, Mutter-Gottes- und Joseph-Statue aufstellen. Dem lieben Gott, der lieben Mutter-Gottes und dem hl. Joseph für alle Hilfe und Schutz in diesem Jahre tausend Dank.

1939

Das Jahr 1939 brachte verschiedene Ängste und Sorgen mit sich, da im September der Krieg mit Polen ausbrach. – Um die Lebensmittel richtig zu verteilen, wurden sofort Lebensmittelkarten ausgegeben, auch Kleiderkarten dazu.

Im März hielten vier Schwestern ihre Exerzitien in Driburg und eine Schwester in Opladen. Die Nähschule wurde im Winter von 18 Mädchen besucht, ebenfalls von einigen Mädchen im Sommer. – Im Kindergarten waren 50 Kinder, wegen des Krieges sogar Kleine von 1 1/2 Jahr. Zu Nikolaus wurde in der Schule eine schöne Feier veranstaltet und alle Kinder mit einer kleinen Gabe beschenkt. In der Gemeinde wurden 420 Kranke gepflegt, 67 Nachtwachen gehalten und 4380 Besuche und Hilfeleistungen im Hause verrichtet. Mit Gottes Hilfe konnten die Schwestern in voller Gesundheit in diesem Jahr ihre Pflichten erfüllen.

1940

Trotz der Kriegszeit konnten in diesem Jahr vier Schwestern in Erwitte und eine Schwester in Dernbach ihre Exerzitien halten. Vom 1. November 1939 bis April 1940 wurde Westernkotten mit Soldaten überfüllt, auch uns wurden zwei Feldwebel und ein Soldat zugewiesen. Alle wurden von der Feldküche aus besorgt und freuten sich doch immer auf eine Zugabe von uns. Im Winter lag der Schnee hier so hoch und trat hernach so bittere Kälte ein, wie es die Leute noch nicht erlebt hatten. Als nun im Februar der Schnee abging, standen viele Häuser und Keller im Wasser. Wir blieben so lange vom Wasser verschont, bis es über die Mauer lief und drang so auch in unseren Keller, stand 60 cm hoch in sämtlichen Räumen des Kellers, alles schwamm im Wasser und hielt zwei Tage an. Weil der Kessel im Wasser stand, konnten wir die Heizung auch die Tage nicht mehr benutzen. Das Wasser stand bis am Kurhaus Wiese vorbei über der Straße, mehrere Kühe und Schweine mussten aus den Ställen geschafft werden, sogar sind einige Schweine ertrunken. Ein Ereignis, was noch nie dagewesen ist, Trotz des schlimmen Winters sind alle Schwestern gesund geblieben. Im Sommer war öfters des Nachts Fliegeralarm und fast die ganze Nachbarschaft suchte Schutz in unserem Keller, sind aber Gott sei Dank von den Bomben verschont worden. Die Nähschule wurde im Winter von 28 Mädchen besucht, aus vielen alten Sachen wurden wieder gute Kleidungsstücke angefertigt. – Der Kindergarten wurde von 50 bis 55 Kindern besucht, im Sommer nachmittags bis 5 1/2 Uhr, was für die Landleute eine Erleichterung war. Zu Nikolaus wurden die Kinder alle mit einer kleinen Gabe beschert und eine schöne Feier veranstaltet. In der Gemeinde wurden 368 Kranke gepflegt, 58 Nachtwachen gehalten, mehrere Tagespflegen und 4772 Besuche und Hilfeleistungen im Hause gemacht. – Die Leute waren gegen die Schw. gut und wohltätig. – Dem lieben Gott, der lieben Mutter Gottes und dem hl. Joseph für alle Hilfe und Schutz in diesem Jahr tausend Dank.

1941

Im Oktober 1940 merkten wir, dass unsere Heizung nicht mehr in Ordnung war, wurde nun sofort das kaputte Stück vom Kessel zur Fabrik geschickt und wurde durch die Kriegsverhältnisse erst im Frühjahr gemacht. So waren wir den ganzen Winter ohne Heizung, überall im Hause war eine eisige Kälte. Für die Nähschule wurde ein Ofen geliehen, und so konnte im Dez. die Nähschule wieder beginnen. Trotz der Kälte im Hause sind Gott sei Dank alle Schwestern gesund geblieben. – Die Nähschule wurde von 20 Mädchen besucht. Im Kindergarten waren 50 bis 55 Kinder. Im Kindergarten wurde zu Nikolaus eine schöne Feier veranstaltet und alle erhielten einen großen Weckmann, ebenfalls erhielten alle zu Weihnachten eine kleine Gabe. In der Gemeinde wurden 368 Kranke gepflegt, 38 Nachtwachen gehalten und 4772 Hilfeleistungen und Besuche im Hause gemacht. Von den feindlichen Fliegern sind wir fast das ganze Jahr verschont geblieben. Dem lieben Gott tausend Dank für allen Schutz und Hilfe in diesem Jahr.

1945

Das Jahr 1944 ging zu Ende und immer noch tobte der Krieg. Jeder Tag brachte uns Angst und Schrecken um unser Leben, Es ging Tag und Nacht in den Keller und aus dem Keller und immer der Gedanke, ob wir morgen noch leben. Am 1. 4., Ostern, hieß es schon, der Amerikaner zieht ein in unser Dorf, und am Mittwoch konnte er erst einziehen.

Unser Militär kam erst noch zur Verteidigung, und es fielen noch viele Bomben. Wir waren erlöst, als die Schießerei für uns aufhörte. Im Dorf hatten wir zwei Tote, und zehn Häuser beschädigt und verbrannt. Zwei Tage und Nächte waren wir mit vielen Menschen im Keller, doch der liebe Gott und seine Heiligen haben uns wunderbar beschützt; es war am Haus noch keine Scheibe kaputt. – Zum Dank gelobte unser Mutterhaus drei Jahre jeden ersten Samstag im Monat als Sühnetag und Danksagung für die ganze Genossenschaft zu halten, zu Ehren der unbefleckten Empfängnis Mariä. – Alles hatte gelitten, die Wasserleitung, das elektrische Licht, es konnte im Dorf kein Brot gebacken werden, alles stockte für längere Wochen. Unser Mutterhaus ist Gott sei Dank erhalten geblieben, mit all den vielen Schwestern.

Die Genossenschaft hat viele Häuser ganz verloren und mehr als hundert ganz beschädigt. Die Schwestern wohnten in den Kellern. Viele Schwestern sind schwach und krank geworden und 101 im Jahr gestorben. Der Zuwachs an jungen Schwestern war in diesen Kriegsjahren sehr wenig, hoffentlich kommen jetzt wieder mehr. Als der Ami einzog, kam am folgenden Tag amerik. Militär.

Viele Leute mussten ihre Häuser räumen, es war aber nur für zwei Tage, da zogen sie wieder ab. Dann kamen die Russen und plünderten; das Vieh wurde geschlachtet, es ging in die Hunderte, die Lebensmittel weggeholt alles machten sie kaputt oder warfen es in den Dreck. Wochenlang wohnten die Russen auf den Höfen, die Leute mussten fort oder wurden erschossen. Alles wurde demoliert u. verbrannt; Schränke und Türen. Unser Elisabeth-Heim wurde bewahrt. Unsere General-Ob. Mutter Cedonia starb a. 8. 12. auf dem schönen Mutter-Gottestag. Sie war im letzten Jahr viel krank und starb vorbildlich, reich an Verdiensten für die Ewigkeit. Gott gebe ihr den schönen Himmel, Unsere Schulen wurden gut besucht. In der Ambulanz wurden gepflegt 286 Kranke, 28 Nachtwachen gehalten über 5000 Hilfeleistungen getan. Hr. Pastor Becker ist unser Beichtvater. Die Leute waren gegen die Schwestern gut und wohltätig.

1947

Das Jahr 1947 war ein heißes Jahr. Es war unaufhörlich Sonnenschein. Monatelang kam kein Regen, Menschen und Vieh mussten leiden durch die übergroße Hitze, Wassernot, und das Feld wurde notreif und alles vertrocknete durch die große Dürre. Es wurde so viel gebetet; aber der richtige Regen kam erst im Winter. Der liebe Gott hat doch noch gesorgt für uns, Kartoffeln bekamen wir genug fürs Jahr, Brot hatten wir auch genug, ebenso Gemüse, aber an Fleisch und Fett fehlt es den Leuten, die nicht schlachten können. Das Vieh hat so wenig zu fressen, von Stroh gaben sie keine Milch, darum gab es auch so wenig Butter. Die Leute im Dorf können sich noch helfen mit den Nahrungsmitteln, aber in der Stadt sterben täglich viele Menschen vor lauter Elend. Im Haus waren wir meistens zu zehn Personen, früher nur fünf Schwestern, aber wir konnten alle satt essen. Die Schwestern waren in diesem Jahr ziemlich gesund und konnten alle ihre Berufspflichten erfüllen. Exercitien konnten wir im Sommer alle halten; Schw. Vincentiana u. Lidburga waren im Mutterhaus, Schw. Josbertina in Neuhaus und Schw. Stefanita u. Fidentia in Erwitte, Im Kindergarten waren am Nikolaustag über 80 Kinder, und sie bekamen einen Weckmann. Weihnachten wurde nichts geschenkt, man konnte nichts kaufen. Die Nähschule hat nicht mehr so viele Mädchen, es fehlt an Stoffen und Nähgarn, die Schw. muss aus alten Sachen wieder neue machen, Das ist auch oft schwer. – Schw. Fidentia pflegte im Dorf die Kranken. In diesem Jahr waren es 320 Besuche und Dienstleistungen 2830, 28 Nachtwachen und im Hause 700 Verbände angelegt. Beichtvater war Hr. Pastor Becker von hier, Ordinarius Pater Nütten, der starb im Dezember in Lippstadt, und an dessen Stelle kam im Sept. Pater Wahl von dort. Mit Kohlen und Koks wurden wir in diesem Winter noch von Erwitte aus gut besorgt; das war eine große Wohltat fürs Haus gegen die vorigen Jahre. Im Mutterhaus blieb es bei den Vorgesetzten noch unverändert, es war noch keine Wahl.

1951

Das liebe Mutterhaus erlaubte uns acht Tage Schmutzkaffee (?), Die Kohlen wurden in diesem Jahre sehr knapp. Weil keine Badegelegenheit da war, durften wir einen neuen Badeofen anlegen. Es wurden 293 Kranke gepflegt, 2264 Besuche gemacht, 34 Nachtwachen gehalten, 150 Hilfeleistungen und 14 Tagespflegen übernommen. 45 Kinder besuchten den Kindergarten und 10 die Nähschule. Im Frühjahr eröffnete Herr Dentist Probst in unserem Hause eine Zahnpraxis.

1960

Wiederum gehört ein Jahr der Geschichte an. Wir sahen es mit Wehmut scheiden, sind aber auch erfüllt mit Freude über all das, was uns der Herrgott in diesem Jahr beschert hat. Sichtbar hat er unserem Haus geholfen.

Da wäre zunächst zu vermerken der Beginn der Weiterarbeiten in der Ausgestaltung unseres Kindergartens. 8 Kinderwaschbecken, 4 Spülklosetts, Wandfliesen, Bodenplatten, moderne Fensterbänke waren das Ergebnis des 1. Teils der Arbeit. Der Spielplatz wurde asphaltiert, vergrößert und mit einem stabilen Zaun versehen. Eine Halle wurde angebaut zur Unterbringung der größeren Spielgeräte, wie Karussell, Kletterpilz und Rutschbahn. Diese Geräte wurde(n) bezahlt mittels Landeszuschuss in Höhe von 6200 DM.

Als das bedeutet für die Besuchskinder große Freude und gerne sind sie unter der Obhut der Leiterin, Ehrw. Schwester Hermella, hier eifrig tätig.  

Die Gesamtkosten für den Umbau und die Renovierung des Kindergartens beliefen sich auf 20 000 bis 22000 DM, wovon 11 500 DM die Gemeinde, 6200 DM das Land und der Rest von Amts- und Kreisverwaltung getragen wurde. Für diese Unterstützung sind wir allen Beteiligten zu herzlichem Dank verpflichtet.

Im Juli dieses Jahres erhielten wir durch Vermittlung unseres Mutter-Hauses in Dernbach eine Konstructa, die für uns eine gewaltige Arbeitserleichterung bedeutet. Sie nimmt auf einmal 13 kg Wäsche auf. Eine im Vorjahr schon beschaffte Heißmangel, die wir jetzt erst zu bezahlen brauchten, machte die Erleichterungen noch größer, zumal man Personal kaum bekommen kann.

War im. Vorjahr der hochw. Herr Diözesanbischof Gast unseres Hauses, so erhielten wir Anfang August Besuch durch unsere Generaloberin, die Ehrw. Mutter Mechthild mit ihrer Generalassistentin. Sie war zur Visitation einen Tag in unserem Elisabeth-Heim. – Es war ihr letzter Besuch bei uns als Generaloberin. Da sie dieses Amt 12 Jahre bekleidete, wurde im Oktober dieses Jahres eine neue Generaloberin erkoren, die ehrwürdige Mutter Schw. Herluka.

Im November bekam Schw. Ortrudis Heimaturlaub wegen schwerer Erkrankung ihrer Mutter. – Das Verhältnis zwischen Schwestern und Gemeindeeingesessenen ist sehr gut und kommt durch manche Natural- und Geldspende zum Ausdruck. – Der Protektor unseres Hauses, der hochw. Herr Pfarrer wacht mit väterlicher und fürsorglicher Liebe über uns.

Wie in den Vorjahren werden uns seitens der Kurverwaltung Kurgäste zugeleitet. Eine neue Einnahmequelle für das Haus, aber es bringt auch erhöhte Ausgaben mit sich. 2 Zimmer mit je 2 Betten stehen für Erholungssuchende zur Verfügung. Im Allgemeinen sind wir mit dem Verhalten und Benehmen dieser Leute zufrieden.

1962

Etwas mehr als 40 Jahre erfolgreichen Schaffens und Wirkens liegen nun hinter uns. Der Gang ins 5. Jahrzehnt wurde wohl angetreten, aber dann doch gehemmt durch die Kunde, die uns schon im Laufe des letzten Jahres erreichte, dass unser Haus der Auflösung verfalle.

Und nun ist es soweit. Am 29. 3. 1962 wird der Schlusspunkt gesetzt, an diesem Tage verlassen die Schwestern Westernkotten. Es sind: Oberin Schw. M. Wendelina, Schw. M. Fidentia, Krankenschwester, Schw. M. Hermella, Kindergarten, Schw. M. Ortrudis, Küchenschwester.

Der Abschied wird nicht nur für die Gemeinde schmerzlich sein, in noch viel höherem Maße den Schwestern selbst, die teilweise schon sehr lange in diesem Hause tätig sind. Wo wird unser neuer Wirkungskreis sein? Grund der Auflösung ist der immer fühlbarer werdende Schwesternmangel. Die Sterbefälle der Schwestern übersteigen gewaltig die Neuaufnahmen. Hoffentlich wird sich dieser Zustand noch mal ändern.

Diese Chronik begann mit der Devise: „Mit Gott!“ So wollen wir sie auch beenden. – Gott möge weiterhin mit uns ein, auch mit diesem Hause, das wir nun verlassen müssen!