1928: Schr. [ohne nähere Verfasserangaben]: „Heimatkundliches“ [Kornweihe in Westernkotten betreffend], in: Der Patriot vom 20.7.1928

In der nördlichen Feldmark von Westernkotten war mitten in einem größeren Roggenstück der Horst einer Kornweihe mit vier fast flüggen Jungen gefunden worden. Seitens der Leitung des Kreisheimatmuseums erfolgte Mitteilung über den Horst an das Provinzialmuseum für Naturkunde zu Münster. Schon am folgenden Tage kam Direktor Dr. Reichling mit seinem Assistenten, um den seltenen Vogel an Ort und Stelle zu filmen. Die Aufnahmen gelangen ganz vorzüglich Das um die Jungen besorgte Weibchen umkreiste stundenlang den Horst in ganz geringer Höhe, so dass es in allen seinen eleganten Bewegungen in seltener Natürlichkeit auf die Platte gebracht werden konnte. Zu dem Horst gehörten auch zwei Männchen, die sich aber andauernd in respektvoller Entfernung hielten, vielleicht, weil ihnen das Schicksal ihrer Kinder weniger am Herzen lag, oder weil sie kein Interesse daran hatten, demnächst mal in einem schönen Film auf der Leinwand zu erscheinen. Daher war es uns auch leider nicht möglich, sie im Bilde festzuhalten. Umso schöner wurden aber die Filmaufnahmen von den vier Jungen. Es war allerliebst anzusehen, wie sie bei der Annäherung eines Menschen mit ihren gebogenen Schnäbeln und ihren gelben scharf bekrallten Fängen sich zur Wehr setzten. – Für Zwecke der Wissenschaft wurden von den Herren zwei schöne Tierchen Männchen und Weibchen) mit nach Münster genommen. wo sie im Zoologischen Garten großgezogen werden.

Der Jäger ist kein Freund von der Kornweihe, denn wo sich auch nur ein Pärchen aufhält, fallen diesem besonders zurzeit, wo es Junge hat. eine Unmenge von nützlichen Vögeln, vor allem jungen Feldhühnern, zur Beute. Kaum, dass auch nur ein einziges Gelege Feldhühner durchkommt, die gefräßige Kornweihe stöbert alles auf. Da sie aber zu den seltensten Raubvögeln gehört, steht sie unter Naturschutz, so dass ein planloser Abschuss oder die Zerstörung ihres Horstes strafrechtlich verfolgt wird. Direktor Dr. Reichling war über die gelungenen Aufnahmen sehr erfreut, vor allem deswegen, weil es ihm noch nie gelungen sei, diese Art Raubvogel in ihrer ganzen Natürlichkeit zu filmen. Die bei dem Horst gemachten Aufnahmen werden demnächst auch in unserm Kreisheimatmuseum zu sehen sein. Die Filmaufnahmen werden übrigens ein Teilstück eines in Vorbereitung sich befindlichen großen westfälischen Naturfilms darstellen.

Anschließend wurde dann noch ein Abstecher in das nördlich Lipperode gelegene Lipperbruch zum „Freien Stuhl“ gemacht, in dessen Nähe sich noch ein Stück westfälischer Heide im Urzustände befinden sollte. Leider war dieses Gebiet in den letzten zwei Jahren teils durch Waldbrand zerstört, teils für den Ackerbau kultiviert worden, so dass die Absicht, es als Naturschutzgebiet seitens der Provinz zu erkläre»., hinfällig geworden war. Für alle Naturfreunde sehr bedauerlich. – Schr.