1958: 700 Jahre Bad Westernkotten – Jubiläumsfeier 1258 – 1958 am 19., 20. und 21. Juli

[Hier sind zwei Artikel (I. und II.) aus der Tageszeitung „Der Patriot“ wiedergegeben, leider ohne Verfasserangabe. Beide beziehen sich auf das Stadtjubiläum zum 700-jährigen Bestehen des Namens Westernkotten und die Verleihung des Titels „Bad“. Die Fotos sind eingefügt, haben aber nicht eine so gute Qualität. WM]

I.: 700 Jahre Bad Westernkotten – Jubiläumsfeier 1258 – 1958 am 19., 20. und 21. Juli

Ohne Verfasserangabe; in: Der Patriot vom 19.7.1958, S. 19 [Es folgen 3 Seiten mit Werbeanzeigen zur 700-Jahr-Feier]

Siebenhundert Jahre Gemeinde Westernkotten! Wenn heute, am 19. Juli, und morgen, am 20. Juli 1958, der alte Ort im Schmuck des stolzen Jubiläums steht, wenn er sich den vielen Gästen von nah und fern zu Tagen echter Freude und Besinnung öffnet, dann ist die Stunde da, dieses großen Ereignisses zu gedenken. Siebenhundert Jahre – das bedeutet Eingeschmolzen sein in das Auf und Ab der Zeitläufe, der ernsten und friedvollen, der kriegerischen und aufbauenden Jahre. In die Unrast unserer Zeit fällt dann der Klang der Rückbesinnung auf den Ursprung, das Werden der Gemeinde, fällt der Ruf nach dem Aufweis der Aufgaben, die diesem tüchtigen Ort im Heute gegeben sind. Dabei gilt es, zugleich mit dem Blick auf die Vergangenheit der Gemeinde das Geschick ihrer Bewohner aufzuzeigen, sind doch beide engstens miteinander verbunden, ja eins. Dass gerade in Westernkotten diese Geschlossenheit von Menschen und Wohn- und Werkensort so klar geblieben ist, das bezeugt die Liebe der Westernkötter zu ihrem Heimatort, das wird vor allem auch Ausdruck in der Treue zur Heimat, einer Treue, die gerade hier in allen Stürmen der Zeit, über die Zinnen des Vergehenden und Wechselvollen hinweg, unbeirrbar erhalten blieb. Und diese Tradition förderten immer wieder die Männer und Frauen, die sich um die Erkenntnis, die Erforschung der Geschichte des nunmehrigen „Geburtstagskindes“ hingehend mühten, allen voran Bauer Heinrich Eickmann, ein Sohn der Gemeinde, der Jahrzehnte hindurch seine ganze Liebe und sein tiefes Wissen um den Heimatort daransetzte die an ernsten wie frohen Epochen reiche Geschichte Westernkottens darzustellen.

„Im Namen des Herrn. Amen“ So beginnt der Wortlaut der Urkunde aus dem Jahre 1258, die die „villa Cothen “ bezeugt. „Villa Cothen “, so berichtet das schmucke Heimatbuch, das die Gemeinde aus Anlass ihres siebenhundertjährigen Bestehens herausgab, — diesen und andere Namen trug der Ort in früheren Jahrhunderten. In den alten Urkunden wird das Dorf gar „Salzkotten “ genannt (die Salzhäuser, die ehedem „Kothen “ oder auch „Kotten“ hießen, gaben der Gemeinde den Namen), da aber die Stadt Salzkotten schon eher bestand, nannte man das Dorf, das westlich von der genannten Stadt lag, Westernkotten.

Ein grauenvolles Chronogramm brannte die Soester Fehde in die Geschichte des Dorfes. Anno 1444 begann diese Kette von Gräueln. Mehrere Dörfer in der Umgebung Westernkottens wurden eingeäschert; so gründlich, dass sie aus der Asche nicht wieder zum Leben erwuchsen. Dass die damals gemachten leidvollen Erfahrungen immer gebieterischer den gesteigerten Schutz Westernkottens forderten, lag auf der Hand. So legte man einige Jahrzehnte nach Beendigung der Soester Fehde, im Jahre 1506, Befestigungswälle um das Dorf.

Furchtbar hausten dann die Söldner des Tollen Christian. 1622 hatte Herzog Christian von Braunschweig, der in Lippstadt Quartier genommen hatte und die Städte in der Nachbarschaft, so Paderborn und Geseke, bekriegte auch Westernkotten mit seiner Soldateska heimgesucht. Nach der schweren Brandschatzung des Ortes, in dem das Leben nahezu gänzlich erloschen war, gelang nur unter unsäglichen Mühen und Opfern ein teilweiser Wiederaufbau. Schlimmer noch wütete die Folge dieser wirren Zeitläufte: die Pest. Über sie hat Hedwig Probst (1922) u. a. geschrieben:

Ob- Mensch oder Tier, — niemand konnte der Pest entrinnen. Überall saß der schwarze Tod, im Keller, auf der Tenne, im höchsten Gebälk. Er ließ sich nicht bannen. Salben und allerlei Heilgetränke sollten den Menschen nützen. Sie halfen nicht, und ebenso vergeblich war es, die Pest durch Räucherschwaden zu vertreiben. Ihr Gifthauch war stärker als die kräftigsten Kräuterdünste. So brachte denn jeder Tag neues Sterben. Die Totengräber schaufelten Loch an Loch in langen Reihen. Mit großen Wagen zogen sie durchs Dorf und holten die Leichen aus den Häusern, an deren Türen ihnen ein Strohwisch anzeigte, dass hier ein Opfer der Seuche lag. Es waren der Toten zu viel, als dass jeder in einen Sarg gebettet werden konnte. Das Werktagskleid — wohl auch ein Linnentuch — war Sterbekleid und Sarg zugleich. Darüber fiel die braune Scholle, schwer und dicht. Vom Turme klagte die Totenglocke so laut und bang, dass ihr Geläute zum leisen Wimmern wurde und ganz verstummte. Das Dorf war still von Leid und Tränen, den in das Grab Sinkenden nachgeweint, bis fast niemand zum Weinen mehr übrigblieb.

Die Pest wütete so grausam, dass nur neunzehn Menschen das Leben behielten. Sie einte in höchster Not das Gebet. Sie bestürmten den Himmel um Rettung und machten das Gelübde, zu Ehren der allerheiligsten Jungfrau alljährlich einen Bußtag mit darauffolgender Prozession zu halten, falls sie von dem Übel erlöst würden. Das ist der Ursprung und Sinn des Westernkötter Lobetages.

Und heute noch, nach weit über dreihundert Jahren, zieht die Lobetagsprozession alljährlich durchs Dorf, dem Gelübde der Ahnen getreu Wie es der Lobetagsbrief von 1635 anempfahl, so geschah die Prozession bis auf den heutigen Tag. Ein Brauchtum, das wahrlich alle Verehrung erheischt!

Brände suchten im Verfolg der kommenden Jahrzehnte das Dorf heim. So wurde der Ort durch die Truppen des Kommandanten von Lippstadt, Graf Spaen, angezündet. Dreiundneunzig Häuser brannten ab. Eine gleich unglückliche Nachricht ist aus dem Jahre 1796 erhalten — da äscherte der Rote Hahn wieder 31 Häuser ein. Lichter werden dann die Ereignisse aus den weiteren Geschicken des Dorfes. Die Gemeinde erlebt in den letzten Jahrzehnten des neunzehnten Jahrhunderts mehr und mehr eine aufwärts führende wirtschaftliche Entwicklung. Die Chronik sagt darüber u. a., dass 1883 der Bau der Eisenbahn Lippstadt- Warstein geschah, der auch Westernkotten — wenn auch mit räumlichem Abstand — an das Eisenbahnnetzanschluss. 1911 konnte die Vollendung des Baues des Schützenhauses gefeiert werden, ein Ereignis, das würdig begangen wurde.

Mit der Errichtung dieses Schützenhauses hat das seit je in dem Ort stark aufblühende Schützenwesen einen deutlich spürbaren Auftrieb erfahren.

Eine rückläufige Entwicklung nahm indessen die Salzgewinnung die der Gemeinde ursprünglich der Quell des Erwerbs für viele Einwohner war. 1942 erwarb Prinz Christian Friedrich von Sachsen, Markgraf zu Meißen, die Landsberg‘sche Saline. In sie zog Jahre später dann eine bekannte Textilfabrik, die eine stattliche Zahl von Beschäftigten aufnahm. Die Salzgewinnung aber war nun ganz zu Ende gegangen.

Westernkotten, das heute rund 2000 Einwohner zählt, gewann unterdessen immer mehr den Ruf eines ausgezeichneten Heilbades. Die Anfänge dazu liegen über einhundert Jahre zurück. Das sehr aufschlussreiche Heimatbuch schildert auch darin die wichtigsten Ereignisse. So glaubte 1845 Domänenrat Geißler durch Bergbau Steinsalz aus dem Boden fördern zu können. Da sprudelte der mächtige Rammturm eines Tages plötzlich starke Wassermassen empor. Statt des vermuteten Steinsalzes war in einer Tiefe von achtzig Meter eine sehr starke Sole erschlossen worden.

Und nun begann ein neues Kapitel in der Geschichte des alten Ortes. Mehr und mehr wurde die Thermalsole für Heilzwecke entdeckt. 1945 wurden die einschlägigen Bemühungen besonders nachhaltig gefördert. Die Chronik nennt da verdiente Männer, die sich auf diesem Gebiet besonders für Westernkotten einsetzten, so den damaligen Bürgermeister Duwentester, Landeshauptmann Salzmann und seinen Dezernenten, Landesrat Paasch; Landrat Laumanns, dem es gelang, auch Lippstadt und Geseke sowie die Ämter Anröchte und Störmede zur finanziellen Unterstützung der neu zu bildenden „Solbad Westernkotten GmbH“ zu gewinnen.

1950 konnte dann das Bade- und Kurhaus feierlich eingeweiht werden. Badearzt Dr. Albert Bisping übernahm die ärztliche Leitung des Heilbades sowie die des Provinzialmütterheimes. Geschäftsführer der Badegesellschaft wurde Kurdirektor Ewald Klinkhammer der sich seitdem unermüdlich und mit stärkstem Erfolg für die Belange des Badeortes eingesetzt hat. Mit dieser Entwicklung zum neuzeitlichen Heilbad, in dem alljährlich Tausende, vor allem auch viel Mütter und Sozialgäste, Erholung und Stärkung finden, ist ein neuer Weg in der Geschichte Westernkottens beschritten worden, der – namentlich auch für die wirtschaftliche Entwicklung des Ortes bereits ausgezeichnete Früchte getragen hat – ein Aufstieg, der Westernkotten weit, bekannt machte, auch über die Grenzen des westfälischen Heimatlandes weit hinaus.

Siebenhundert Jahre Westernkotten — ein reiches Kapitel der Heimat ist mit diesem Jubiläum verbunden. Und die Krönung dieses Werdens wird diese lebhaft tätige, stark aufblühende Gemeinde dadurch erfahren, dass ihr am Jubiläumsfeste, wozu auch die Heimatzeitung alle guten Wünsche darbringt, der Titel „Bad Westernkotten“ verliehen werden wird.

II. Den Titel „Bad“ verliehen

„Geburtags-Geschenk“ der Landesregierung – Die 700-Iahrfeier in Bad Westernkotten

Von: -y- [genauer Verfasser nicht bekannt, auch nach Rückfrage bei Herrn Barnstorf-Laumanns] In „Der Patriot“ vom 21.7.1958

Bad Westernkotten. „Ein Rückblick auf 700 Jahre Geschichte soll uns nachdenklich stimmen. Wo standen unsere Ahnen in der Frühgeschichte der Gemeinde? Waren es Adelige, waren es freie oder hörige Bauern oder Arbeiter in den Siedehütten? Wir wissen es nicht. Aber das eine wissen wir, dass unsere Vorfahren es in jedem Stande schwerer hatten als wir.“ In diesen Worten, die Amtsdirektor Reichmann in seiner Festrede aus Anlass der 700-Jahr-Feier der Gemeinde Westernkotten sagte, kam bereits beredt zum Ausdruck, welchen besonderen Gehaltes die würdige Stunde war, in der die Gemeinde Westernkotten ihres großen Jubiläums gedachte. Und wenn diese Feier der verpflichtenden Besinnung auf das Werden des Ortes und auf das Geschick seiner Einwohner zugedacht war, so hob die festliche Stunde zugleich die Situation, die Aufgaben hervor, die Westernkotten in der Gegenwart kennzeichnen. Höhepunkte dieser Jubiläumsstunde waren so die Festrede des Amtsdirektors, die Verleihung des Titels „Bad Westernkotten“ durch die Landesregierung und die Überreichung des Ehrenbürgerbriefes an den hochverdienten Heimatforscher Bauer Heinrich Eickmann.

Den Festtag leitete ein Festhochamt in der altehrwürdigen Kirche ein, in der Pfarrer Becker die heilige Messe zelebrierte. Dass an der Feier im Kurhaus zahlreiche namhafte Ehrengäste teilnehmen würden, war erwartet worden. So sah man in der historischen Stunde der Jubiläumsfeier im Kurhaus Regierungspräsident Schlensker (Arnsberg), als Vertreter des Landeshauptmanns Dr. Köchling und des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe die Landesräte Dr. Böttge, Dr. Paasch, Dr. Straube, Landesverwaltungsrat Schulte (alle Münster); den aus Westernkotten gebürtigen stellv. Direktor der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe, Dr. Meyer (Münster); Landrat Schröder, Oberkreisdirektor Liese, Landrat a. D. Laumanns, Bürgermeister Koenen, Stadtdirektor Herhaus, Amtsbürgermeister Thiemeyer, Amtsdirektor Reichmann, Bürgermeister Maurer (Erwitte); die hochwürdige Geistlichkeit, Pfarrer Becker und Pfarrer Wi1ms. Der Deutsche Bäderverband und der Heilbäderverband NRW waren vertreten durch Kurdirektor Nave (Bad Driburg) und den Schatzmeister des Verbundes, Kurdirektor Klinkhammer (Bad Waldliesborn). In der festlichen Stunde waren ferner zugegen die Vertreter der Solbade-Gesellschaft mbH, die Mitglieder des Kreistages, der vorauf zu einer Sondersitzung, ebenfalls im Kurhaus, zusammengetreten war, mehrere Amtsbürgermeister und Amtsdirektoren, und die Gemeindevertreter des Bades Westernkotten sowie der Festausschuss, der die Jubiläumstage vorbereitet hatte. Ihnen allen galt das herzliche Willkommen, mit dem Bürgermeister Schäfermeier die Feier eröffnete. Der Bürgermeister wies anschließend auf die besondere Bedeutung dieses Jubiläums hin, dabei betonend, dass die Gemeinde besondere Opfer für ihre Aufgaben im Einst und Jetzt erbracht hat.

Den Festvortrag hielt Amtsdirektor Reichmann (Erwitte), der für seine Ausführungen herzlichen Beifall der Versammlung fand (der „Patriot“ veröffentlicht die Rede in der morgigen Ausgabe). Der Ansprache folgte die gemeinsam gesungene dritte Strophe des Deutschlandliedes

Glückwünsche der Landesregierung

Regierungspräsident Schlensker, der die Grüße der Landesregierung überbrachte, knüpfte an die Rede des Amtsdirektors an, die er vortrefflich nannte, und hob unter starkem Beifall hervor, dass die Landesregierung NRW beschlossen habe, Westernkotten das Recht zu verleihen, sich fortan und für alle Zeit „Bad Westernkotten“ zu nennen. Dass die Verleihung mit dem 700jährigen Jubiläum zusammenfalle, gebe diesem einen besonderen Akzent. Die Geschichte des Ortes streifend, sagte der Präsident, ergebe sich aus hier gemachten Bodenfunden, aus alten Urkunden und selbst aus der Namensbezeichnung „Westernkotten“, dass hier seit altersher die Salzgewinnung betrieben wurde. 1845 sei dann die Salzbohrung in 80 Meter Tiefe erfolgt, sie habe die ausgezeichnete Sole zutage gefördert. Diese medizinisch hochwertige Thermalsole sei dann mehr und mehr zu Heilzwecken verwendet worden.

„Mustergültig“

Heute besitze Bad Westernkotten mustergültige Anlagen, die allen Anforderungen eines modernen Kurbades entsprächen. Die Gemeinde habe der Aufwärtsentwicklung bestens Rechnung getragen. So seien u. a. die Ortsstraßen ausgebaut, schöne Grünanlagen geschaffen und die Planung auf die kommende, Entwicklung abgestellt worden. Die landschaftlich reizvolle Lage, vor allem aber die sehr guten Heilanzeigen des Badeortes seien die voll erfüllten Voraussetzungen auch für das weitere Aufblühen Westernkottens.

Der gemeinnützige Charakter des Kurbetriebes aber müsse besonders betont werden. Denn hier sei namentlich für die Bevölkerung des nahegelegenen Industriegebietes eine Stätte der Erholung und Kräftigung erster Art, weswegen der Landschaftsverband, die Industrie u. a. immer mehr Gäste hierher entsandt hätten. Auch sei bedeutsam, dass in der klaren Erkenntnis, dass hier ein soziales Volksbad bestehe, die Kosten für einen Kuraufenthalt so niedrig wie möglich gehalten würden.

Regierungspräsident Schlensker verband seine Worte mit einigen verfassungsrechtlichen Darlegungen. Darin hob er u. a. hervor, dass Gemeinden * und Staat sich in der

Erfüllung der gemeinsam gestellten Aufgaben ergänzen. „Einen Gegensatz zwischen Staats- und Selbstverwaltung gibt es heute nicht mehr“ Die Begründung des Heilbades Westernkotten aber sei letztlich ein Verdienst der kommunalen Selbstverwaltung. Der Präsident schloss seine Ansprache: „Ich wünsche dem Bade Westernkotten eine weiter aufwärtsgerichtete Entwicklung zum Wohle aller erholungsuchenden Menschen und zum Wohle der Bürger der Gemeinde Westernkotten!“ Dann verlieh er Westernkotten die Urkunde der Landesregierung, die dem Ort fortan die Bezeichnung „Bad‘ zugesteht.

Bürgermeister Schäfermeier dankte namens der Festversammlung dem Präsidenten herzlich, dann übermittelte der Kämmerer des Landschaftsverbandes, Dr. Böttge die Grüße und Gratulation des Landschaftsverbandes wie seines Direktors Dr. Köchling. Als Jubiläumsgeschenk werde der Landschaftsverband die Kosten für einhundert Exemplare (und mehr, „Abrundung nach oben“) des wertvollen Heimatbuches übernehmen. Dr. Böttge, der zugleich für die Landschaftsversammlung und ihren Vorsitzenden, Landrat Hesse, gratulierte, betonte, dass Bad Westernkotten einen mustergültigen Kurbetrieb aufweise, der zum Glück nicht dem in den großen Bädern gleiche, wo man von einer „Kurindustrie“ sprechen könne. Der Landschaftsverband werde auch in Zukunft das Bad Westernkotten nachhaltig unterstützen.

Erster Badeort im Kreis

Landrat Schröder erklärte u. a. „Der Kreistag hat heute mit seiner Festsitzung seiner innigen Verbundenheit mit. der alten Solstätte Westernkotten bekundet.“ Es sei eine große Freude für den nun 700 Jahre bestehenden Ort, dass ihm nun der Name „Bad“ verliehen wurde. Der Landrat unterstrich das gute nachbarliche Einvernehmen zwischen dem Kurort und dem Kreis Lippstadt und sagte dann: „Heute ist unser erster Badeort im Kreise aus der Taufe gehoben: Bad Westernkotten!“ Es habe sich das Ortsbild hier in den letzten Jahren so vorteilhaft verändert, dass es dem Jubiläum den schönsten Rahmen gebe. Bad Westernkotten gehöre die Zukunft, zumal es die besinnliche Ruhe, die echte Erholungsmöglichkeit gebe in der Unrast unserer Zeit. Abschließend übergab der Landrat dem „Geburtstagskind“ eine Geldspende und sagte die herzlichen Wünsche für den Kreis wie für Oberkreisdirektor Liese.

„Sole und Sohlen“

„Lippstadt und Westernkotten haben sich neben- und miteinander entwickelt“ erklärte, nachdem er die Gratulation der Stadt Lippstadt ausgesprochen hatte, Bürgermeister Koenen. Seit altersher habe zwischen Westernkotten und der Kreisstadt ein freundschaftliches Verhältnis bestanden, das sich nicht zuletzt auch in verwandtschaftlichen Beziehungen erwiesen habe, – „viele verwandtschaftliche Bande reichen hinüber und herüber“. Neben den Solen seien an dieser Freundschaft auch die Sohlen beteiligt gewesen. „Denn Sohlen waren es, auf denen die Westemkötter tagaus tagein den weiten Weg nach Lippstadt machten, um auf den Werken, auf der Union, der WMI und anderen, ihrem Beruf nachzugehen“ Noch vor 25 Jahren hätten sich so zahlreiche Männer und Frauen auf ihren Sohlen an Lippstadt „herangearbeitet“. Zugleich aber sei Westernkottens Sole eine Rückverbindung, denn „wenn wir uns müde und matt gearbeitet hatten, so hatten wir hier schon seit Jahrzehnten Gelegenheit, uns zu erholen. Die Stadt Lippstadt aber sei Gesellschafter der Badegesellschaft geworden und werde dies auch immer bleiben. Der Bürgermeister überreichte dann eine Jubiläumsgabe der Kreisstadt: ein Bild eines Lippstädter Malers, das als Motiv die Helle Halle zeigt, darin ist auch eingezeichnet der „Flöten-Ewald“ der, wie der Bürgermeister betonte, „schon so manches Gepäck von Lippstadt aus nach Westernkotten befördert hat!“

„Besonderes Kompliment“

Kurdirektor Nave (Bad Driburg) sagte die herzlichen Wünsche zum großen Jubiläum namens des Deutschen Bäderverbandes und als Vorsitzender des Heilbäderverbandes NRW. „Wenn hier ein Werk vollbracht wurde, das in seiner organischen Gestaltung den Erfordernissen der Gegenwart, dem gehetzten Menschen wirkliche Erholung zu geben, vollends entspricht, so muss ich damit ein besonderes Kompliment aussprechen für Kurdirektor Klinkhammer den Schatzmeister des Deutschen Bäderverbandes.“ Wenn aus Bad Westernkotten das geschaffen wurde, was es heute sei, so sei dies das Verdienst von Kurdirektor Klinkhammer, „zu dem wir Sie nur von Herzen beglückwünschen können.“

„Als Kreisheimatpfleger habe ich an allem herzliche Freude, was an Gutem und Schönem in unserem Heimatkreis geschaffen wird“ hob Landrat a. D. Laumanns hervor und erinnerte dann an die ernsten Schwierigkeiten, die der Kreis 1946 vorfand. Der Kreis Lippstadt sei damals nach amtlicher Statistik in ganz Westfalen infolge der Massenausquartierung der Fremdarbeiter der am stärksten verwüstete gewesen. „Hinzu kamen die Bevormundung durch die Besatzung, die großen Notwendigkeiten des Schulbaues wie auch die Eingliederung der Enklaven Lipperode und Cappel. Aber die Neuschöpfung, die Wiedergeburt des Bades Westernkotten gehörte zu den schwierigsten Aufgaben“ legte Landrat a. D Laumanns weiter dar. Für diese Aufgabe habe er sich aus sozialen und heimatlichen Gründen besonders eingesetzt. Ohne die damalige Opposition wäre die „Wiedergeburt“ des Bades Westernkotten bereits eher möglich gewesen. Aber die erste Rechnungslegung sei damals schon besser als geahnt verlaufen. „Die weitere Entwicklung, die das Bad dann nahm, ist so ausgezeichnet verlaufen, dass wir heute sagen können: Westernkotten steht nun am Wendepunkt seiner Geschichte“.

Den Verfassern des Heimatbuches, das aus Anlass der 700-Jahr-Feier erschien, sagte Kreisheimatpfleger Laumanns für ihre Arbeit besonderen Dank, vor allem Bauer Heinrich Eickmann und Kurdirektor Klinkhammer. Das Heimatbuch sei bereits als vorbildlich in einer Versammlung der Fachstelle Geschichte des Westfälischen Heimatbundes bezeichnet worden. Amtsdirektor Reichmann sprach dann die Glückwünsche zum Jubiläum namens des Amtes und der Stadt Erwitte wie für Bürgermeister Maurer (Erwitte) aus, für Amtsbürgermeister Thiemeyer und die Stadt Geseke, die auch ein Bild zum Jubiläum zum Geschenk gemacht habe. Der Amtsdirektor dankte für die Verleihung des Namens „Bad“ und allen Rednern und ebenso für die Jubiläumsgaben herzlich; u. a. Verleger Laumanns für die persönliche Verbundenheit mit Westernkotten, die schon älteren Datums und die in der Mitbegründung des Bades so hervorragend zum Ausdruck gekommen sei. Gleich herzlichen Dank stattete er Kurdirektor Klinkhammer ab, der schon seit 1948 „seine reichen Erfahrungen in den Dienst des Bades stellte und dem wir es in erster Linie zu verdanken haben, dass das Bad einen so starken Aufschwung genommen hat“. Zu danken habe die Gemeinde ebenso anerkennend den Verfassern des Heimatbuches: Heinrich Eickmann, Franz Hengemühle, Ewald Klinkhammer, Theodor Mertens, Wilhelm Probst (t) und Ferdinand Schäfers.

Der Ehrenbürgerbrief

Zur großen Freude der Festversammlung gab anschließend Amtsdirektor Reichmann einen Beschluss der Gemeindevertretung kund: Die Verleihung des Ehrenbürgerrechtes an Bauer Heinrich Eickmann. Dieser einstimmig gefasste Entschluss sei eine Ehrenpflicht gewesen. Wenn Herr Eickmann nun zum Ehrenbürger ernannt worden sei, so danke man ihm damit die Ergebnisse jahrzehntelanger Forschung in liebevoller Arbeit an der Geschichte der Gemeinde, dem Ehrenbürger solle so der bleibende Dank für sein hoch verdienstvolles Wirken abgestattet werden (herzlicher Beifall).

Die Verdienste des Geehrten nennt der Wortlaut der Urkunde über die Verleihung des Ehrenbürgerrechtes, in der gesagt wird, dass Heinrich Eickmann, geboren am 13. Oktober 1887 in Bad Westernkotten, sich für immer um die Geschichte seines Heimatortes verdient gemacht -habe.- Die  Urkunde weist auf die vielfältigen Erträge der geschichtlichen Studien des neuen Ehrenbürgers hin, aber auch auf seine weitere Arbeit am Allgemeinwohl, so als jahrzehntelanges Mitglied der Gemeindevertretung, als Bürgermeister, als treuer Pfleger des Naturschutzes und des heimatlichen Brauchtums.

Unter begeistertem Beifall überreichte der Amtsdirektor Bauer Eickmann die Ehrenurkunde, der bewegt und von Herzen dankte. „Ick häwwe nich mehr don, as wat man mött“, waren seine herzlichen Dankesworte.- Mit einer musikalischen Darbietung schloss die denkwürdige Feier. Wenig später sah man die Teilnehmer auf dem Rundgang durch die mustergültig gepflegten Kuranlagen und durch den im schönsten Sonnenschein daliegenden schmucken Badeort. Und in kurzen Ansprachen, im Kurhaus gehalten während der gemeinsamen Mittagstafel von Dr. Meyer (Münster) und Ehrenbürger Eickmann, klang noch einmal die Freude auf, dass Bad Westernkotten nun zu dem weitbekannten Erholungsort wurde, geschätzt von allen, die es besuchen, indessen der 700jährige Ort seinen Weg weiternimmt in ein neues, für alle Zeiten hoffentlich friedvolles Morgen. -y-

  1. Nach der Feierstunde besichtigte man die gepflegten Anlagen des Badeortes. Im Bild: Kurdirektor Klinkhammer (links) mit Badearzt Dr. Bisping

2. Verleger Laumanns, der sich während seiner Amtszeit als Landrat verdienstvoll für die Wiederbegründung und den Ausbau des Badeortes einsetzte.

3. Landrat Schröder (stehend) eröffnet die Festsitzung des Kreistages Lippstadt, die aus Anlass der 700-Jahrfeier in Bad Westernkotten stattfand.

4. Die 700-Jahrfeier Des alten Sälzerdorfes: Die Aufnahmen zeigen (von links nach rechts): Bürgermeister Schäfermeier nimmt aus der Hand des Regierungspräsidenten Schlensker die Urkunde über die Titelverleihung „Bad Westernkotten“ entgegen;

        

    5. Bauer Heinrich Eickmann, dem in der Feier der Ehrenbürgerbrief der Gemeinde überreicht wurde.