1994: Straßennamen

Straßennamen in Bad Westernkotten

Von Wolfgang Marcus

[aus: Aus Kuotten düt und dat… 1994, Nr. 69 und 70]

I. Einführung von Straßennamen im Jahre 1941

Am 18. Oktober 1941 beschloss der Gemeinderat von Western­kotten, die Durchnummerierung aller Häuser des Ortes zugun­sten der Einführung von Straßennamen und straßenweise zu­geordneter Hausnummern aufzugeben. Ausschlaggebend da­für war die Tatsache, dass durch viele Neubauten die alte Häusernummerierung, 1916 letztmalig geändert, sehr un­übersichtlich geworden war.

Die Benennung der Straßen erfolgte auf heimatkundlicher Grundlage, im Wesentlichen wohl auf Vorschlag des damaligen Bürgermeisters und Heimatforschers Heinrich Eickmann. Insgesamt nennt das Gemeinderatsprotokoll von 1941 28 Stra­ßen, zu denen dann bis 1945 noch 5 weitere hinzukamen.

Am Lobetagsfest 1945, wenige Wochen nach dem Ende der Kriegshandlungen in unserer Region, erschien eine kleine Schrift mit dem Titel ‚Westernkottens Wege, Straßen und Plätze‘, in der der Bevölkerung die neuen Namen und Hausnummern genannt und erläutert wurden.

Auf der Basis dieser Schrift habe ich die folgende Kurzerläuterung der Straßennamen vorgenommen:

1. Aspenstraße (1941 erst Adolf-Hitler-Straße genannt): be­nannt nach der alten Siedlung Aspen südlich von Bad Westernkotten, die 1444 zerstört wurde.

2. Holzweg: Über diese Straße wurde Jahrhunderte lang Brenn­holz, vor allem für die Salzhütten, herangefahren.

3. Hockelheimer Weg: benannt nach der ehemaligen Siedlung Hockelheim, die etwa südlich des Schottenteiches lag.

4. Am Zehnthof: Nördlich dieser Straße, im Bereich des jetzigen Sportplatzes, lag der Burgsitz Westernkotten, bei dem viele Bauern den Zehnten abliefern mussten.

5. Schäferkämper Weg: benannt nach dem uralten „Ortsteil“ Schäferkamp; war der Weg der Schäferkämper zur (Erwitter) Kirche und bis 1885 zum dortigen Friedhof.

6. Weringhauser Straße: führt zur alten Siedlung Weringhausen, von der nur noch der Weringhoff übrig ist (Teilwüstung).

7. Osterbachstraße: benannt nach dem Dorfbach, der Oisterbieke.

8. Westerntor: führte durch ein steinernes Tor in der Landwehr (heute Westwall) nach Westen. In dem genannten Tor soll der alte Gedenkstein gewesen sein, der heute hinten in der kath. Kirche hängt.

9. Griesestraße: Der Name kommt angeblich von grieselike oder unheimliche Straße; früher dort stehende Wallhecken mögen Anlass zu dem Namen gewesen sein, evtl. auch der Transport der Pestleichen 1635 über diesen Weg zum Alten Kirchhof südlich der Josefslinde.

10. Nordstraße (1941 erst Nordenfurt genannt): Früher gab es lediglich eine Furt durch die Gieseler nach Norden nach Lipp­stadt.

11. Salzstraße: An der Salzstraße standen mehrere Gradier­werke und Salzhütten.

12. Stadtgasse: Ober sie gelangte(e) man auf die Straße, die in die Stadt (Lippstadt) führt.

13. Königssood (1941 erst Brunnenplatz genannt): Platz mit den alten Salzbrunnen, die im hohen Mittelalter Königseigentum waren.   ­

14. Leckhausstraße: Hier standen zwei Gradierwerke, im Volksmund Leckhäuser genannt.

15.-18. Nord-, Ost-, Süd- und Westwall: verlaufen im Bereich der alten Landwehr, die etwa 1506 angelegt wurde.

19. Zur Landwehr (zuerst An der Landwehr): führt zum Ost­wall. Die Wälle um das Dorf wurden Landwehr genannt.

20. Bruchstraße: führt in das Feuchtgebiet Westernkötter Bruch mit dem moorigen Muckenbruch als tiefster Stelle.

21. Wolfsangel: Der Weg führt zur Kirche. Der Schlussstein des Portals des Kirchturms wird durch das Wappen der Ge­meinde Westernkotten, den Pfannenhaken, früher als Wolfangel gedeutet, markiert.

22. Fürst-Ferdinand-Straße (1941 erst Am Feuerteich genannt): Unter dem Fürstbischof Ferdinand von Paderborn wurden ab 1506 die Wälle um Westernkotten angelegt.

23. Am Feuerteich: Hier lag bis etwa 1920 die Feuerkuhle, ein Feuerlöschteich.

24. Wallgraben: Dieser Namen ist ganz in Vergessenheit ge­raten: Diese Gasse heißt heute Erbsälzergasse (siehe unter III.)

25. Am Ehrenmal (1941: Kirchplatz): Straße und Platz bei der Kirche.

26. Schützenstraße: führt zur Schützenhalle und zum Schüt­zenplatz.

27. Bredenollgasse: An dieser Gasse lag die alte Besitzung der für Westernkotten bedeutsamen Familie Bredenoll.

28. Herrengasse (zuerst Sälzergasse genannt): Die Sälzer waren früher in Westernkotten die „Herren“.

29. Alter Markt: Hier oder etwas weiter südlich an der Aspenstraße soll sich der Markt, wahrscheinlich eine Salzbörse, befunden haben.

30. Antoniusstraße (1941: Am Fredegras): Als Fredegras wur­de vielfach ein in der Gemeindehude abgeteilter Platz für kranke Tiere bezeichnet; vielleicht aber auch „freies“ Gras, d.h. Gemeindewiesen, die ursprünglich frei zu nutzen waren. Mit dem Bau der Fredegrassiedlung ab 1954 wurde der dortigen Siedlungsstraße der Name Fredegrasstraße zugespro­chen, die Straße Am Fredegras in Antoniusstraße ab. geändert, benannt nach dem dortigen Heiligenhäuschen zu Ehren des HI. Antonius von Padua.

31. Hellweg: Alter Heer- und Handelsweg entlang des Nordrandes des Haarstranges.

32. Zum Domhof (bis 1975 Steinweg genannt): ursprünglich steiniger Weg zum Domhofgehöft.

33: Lippstädter Straße (B 55): führt von der Erwitter bis zur Lippstädter Flurgrenze an der Gieseler.

Im Sommer 1949 wurden für diese 33 Straßen, Wege und Plätze entsprechende Straßenschilder aufgestellt, wie aus einem Artikel in der Westfalenpost vom 19.7.1949 zu ersehen ist.

II. Seit 1950 hinzugekommene Straßen

In den 50er Jahren und danach wuchs Bad Western­kotten über die damalige Wallanlage hinaus; neue Siedlungen entstanden und damit auch neue Straßen. Ich liste sie nachfolgend alphabetisch auf und schlie­ße an die Nummerierung unter I. an:

34. Ahornweg: hieß zunächst Akazienweg; musste dann nach der kommunalen Neuordnung 1975, weil es auch noch einen Akazienweg in Erwitte gibt, umbe­nannt werden. Teil einer Siedlung südlich und nördlich des Schäferkämper Weges, in der alle Straßen nach Bäumen benannt sind.

35. Alter Postweg (bis 1975 Postweg): meines Erach­tens eine wenig sinnvolle Benennung, da dieser Weg ins Feuchtgebiet des Westernkötter Bruches führte und sicherlich kein Postweg war.

36. Am Grüngürtel: Teil der seit 1954 angelegten Fre­degrassiedlung, die zur Gieseler hin durch einen Grüngürtel abgeschirmt ist.

37. Am Muckenbruch: Die Nähe zum Muckenbruch war hier namensgebend (Mucken = Torfstücke).

38. Auf der Brede: Diese Siedlung wurde ab 1952 angelegt; die Flur hieß schon seit alters her Salz-­“Breite“.

39. Birkenweg: Teil des „neuen Schäferkampes“ mit Baumarten als Straßennamen; keine Namensgebung auf heimatkundlicher Grundlage.

40. Eichendorffstraße: benannt nach Joseph Freiherr von Eichendorff, dem großen schlesischen Lyriker und Erzähler. Da in dieser Straße ab ca. 1955 eine bäuerliche Nebenerwerbssiedlung vor allem für Flüchtlinge und Vertriebene aus Schlesien entstand, hat man diesen Namen gewählt.

41. Eichenweg: vgl. Nr. 39.

42. Erlenweg: vgl. Nr. 39.

43. Fredegrasstraße: vgl. die Ausführungen unter Nr. 30.

44. Gieselerweg: benannt nach der Gieseler, die Bad Westernkottens nördliche Siedlungsgrenze bildet.

45. Hasenfang: Die Namensgebung erfolgte Anfang der 60er Jahre ohne eindeutigen heimatgeschicht­lichen Bezug.

46. Hedwigstraße: Die hl. Hedwig ist die Patronin von Schlesien; vgl. ansonsten die Ausführungen zu Nr. 40.

47. Holunderweg: vgl. Nr. 39

48. Kampstraße: Dieses Siedlungsgebiet in den „Kämpen“ (Kamp=Weide) wurde Anfang der 60er Jah­re erschlossen.

49. Laarweg: benannt nach dem alten Flurnamen „Auf’m Lahr“, etwa im Bereich der heutigen Besitzung Ostermann. Nähere Bedeutung unklar.

50. Lindenstraße: vgl. Nr. 39.

51. Moorgrund: Die Nähe zum Muckenbruch, dem Niedermoor Bad Westernkottens, war namensbestim­mend.

52. Mühlenweg: führt zur ehemaligen Weringer Müh­le, heute Wohnhaus an der Weringhauser Straße.

53. Prozessionsweg: Vor dem Ausbau der östlichen Antoniusstraße nahm die Lobetagsprozession diesen Weg.

54. Solering: ringartige Straße rund um die Kliniken und Sanatorien und die Hellweg-Sole- Thermen (Sole = salzhaltiges Wasser).

55. Spielplatzstraße: An dieser Straße liegt ein Spiel­platz.

56. Tannenweg: vgl. Nr. 39.

57. Uhlandstraße: benannt nach Ludwig Uhland (1787-1862), dem volkstümlichen schwäbischen Dichter der Romantik.

58. Wagenfeldstraße: benannt nach Karl Wagenfeld, dem großen plattdeutschen Dichter des Münsterlan­des, geboren 1869 in Lüdinghausen, aufgewachsen in Drensteinfurt, gestorben am 19.12.1939 [vgl. dazu Jahrbuch Westfalen 1989, S.190 ff].

59. Weißdornring: ringartige Straße; ansonsten vgl. Nr.39.

60. Zur Flachsröte: benannt nach dem hier vorbei­ fließenden, in die Gieseler entwässernden Bachlauf.

61. Zur Josefslinde: Die Straße führt zur 1. Station der Lobetagsprozession, der Josefslinde mit einem Heili­genhäuschen zu Ehren des HI. Josef.

III. Namen von anbaufreien Gassen und Wirtschafts­wegen

Etwa seit 1990 gibt es das deutliche Bemühen der Politiker, auch anbaufreie Gassen und Wirtschaftswe­ge mit Namen zu versehen, um die Orientierung zu verbessern, aber auch um geschichtliches Wissen zu vermitteln. Hier seien die wichtigsten nur kurz auf­gelistet:

– Alter Lipperweg

– Sauerländer Weg

– Zur Erwitter Warte

– Zur Bökenförder Warte

– Im Hockelheimer Feld

– Zur Bleiche

– Alter Berger Pfad

– Am Bullerloch

.-Bürgermeister-Eickmann-Weg

– Kukuksgasse

– Erbsälzergasse.

Mögen auch in Zukunft heimatgeschichtliche Bezugs­punkte bei der Benennung von Straßen, Wegen und Plätzen vorrangig Berücksichtigung finden!

Ergänzungen bis 2023

Bis 2023 sind einige weitere Straßennamen hinzugekommen und auch Erläuterungsschilder, sogenannte Legendenschilder, die die Bad-Westernkotten-Stiftung unter den Straßenschildern ergänzt hat, angebracht worden. Dazu gibt folgender Aufsatz weitere Informationen: Marcus, Wolfgang, Straßenschilder zum Reden bringen, in: JB 2010, S. 97-102.

 Ich hoffe, alle (!) Ergänzungen hier zu nennen:

Zu II. Weitere Straßenschilder für Wohnstraßen

62. Sanddornrring [vgl. dazu den Aufsatz: Leibiger, Michael/Knoche, Bernhard, Sanddornring (Gelebte Nachbarschaft 2), in: Jahrbuch Bad Westernkotten 2011

63. Weierstraßweg [vgl. dazu den Aufsatz: Marcus, Wolfgang, Weierstraßweg erinnert an großen Mathematiker; in: Jahrbuch Bad Westernkotten 2015]

Zu III. Namen von weiteren anbaufreien Gassen und Wirtschafts­wegen

  • Schleifelder Weg (Flurname; von mittelhochdeutsch slîten =(herab)gleiten. Übertragen: nur leicht geneigtes, für den Ackerbau geeignetes Gelände. Plattdeutsch: Schloifeld.)
  • In der Helle (Flurname; wahrscheinlich von mittelniederdeutsch „helle“ = Abschüssigkeit (vgl. Hölle, Halde). Übertragen: schlechtes, wenig Frucht bringendes, steinhaltiges Ackerland.)
  • Im großen Felde (Flurname für die weiträumige Fläche westlich des heutigen Wirtschaftsweges.)
  • Suckeweg (Sucke, Soecke: Wüstungsname; erinnert an eine Siedlung, die wahrscheinlich im 14. Jahrhundert aufgegeben/aufgelassen wurde. Der Wirtschaftsweg bildet gleichzeitig die Grenze zu Lippstadt.)

W. Marcus, 22.10.2023