2015: Alter Grundstein in Bad Westernkotten: Herkunft geklärt

Von Wolfgang Marcus, Bad Westernkotten

Erstabdruck: Marcus, Wolfgang, Alter Grundstein in Bad Westernkotten: Herkunft geklärt, In: Heimatblätter 2015, Seite 7-8

Manchmal entdeckt man in seinem Heimatort noch Dinge, die einem über Jahre und Jahrzehnte nicht aufgefallen sind. So geschehen mit einem alten Grundstein unweit nördlich des Ehrenmals.

Für die Zeit des Neubaus des neuen Rewe- und Volksbankgebäudes hatte die Volksbank Anröchte ihre Büroräume im Paul-Gerhardt-Haus eingerichtet und einen Schalterraum in einem mobilen Container nördlich des Ehrenmals untergebracht. Erst im April 2013, als die Volksbank ihre neuen Räumlichkeiten bezog, wurde der Container abgebaut. – Dabei wurde deutlich, dass an der Mauer hinter dem Container unschöne Graffiti-Schmierereien angebracht worden waren.

In gemeinsamer Anstrengung von städtischem Bauhof, Rentnertruppe und Ortsvorsteher wurde die Mauer gesäubert, grundiert und neu gestrichen. Dabei kam ein alter Grundstein zum Vorschein, der durch davor stehende Büsche und Mauerbewuchs vorher nicht zu sehen war. Er trägt in zwei Zeilen die eingravierten Zeichen: „ANNO 1755 I*W*K-M*S*M“.

Wie kam dieser Stein in die Mauer? Und was hatten die Jahreszahl und die Abkürzungen zu bedeuten? – Diese und andere Fragen stellten sich natürlich.

Zunächst konnte ich über den Nachbarn, Herrn Meinolf Kreling,  dessen Grundstück diese Mauer zur Straße Am Ehrenmal hin einfasst, in Erfahrung bringen, dass die Mauer wohl kurz vor oder kurz nach dem Ersten Weltkrieg errichtet und seinerzeit wahrscheinlich auch der Stein dort eingebaut wurde.

Bezüglich der Herkunft des Steins hatte ich zunächst vermutet, er könne aus der alten Schule, die im Bereich des Ehrenmals gestanden hatte, stammen; aber dazu passte die Jahreszahl 1755 nicht.

Den entscheidenden Hinweis gab sodann der Erwitter Stadtarchivar Hans-Peter Busch, der im Heimatbuch von 1987 [S.126] in einer Kopfschatzliste aus dem Jahre 1759 einen Johann Wilhelm Kaltner fand, der von Beruf Steinhauer war. Die drei Anfangsbuchstaben dieses Steinhauers entsprechen genau den drei ersten Buchstaben auf dem Stein. M*S*M müssten dann die Initialen seiner Frau sein.

Einen letzten Hinweis fand ich im Urkataster von 1829. Durch Vergleich mit alten Einwohnerlisten [vgl. Heimatbuch S.139]  konnte erkannt werden, dass fast an dieser Stelle das Haus des Johann Wilhelm Kalt(e)ner gestanden hat. Im Jahre 1829 (vgl. Ausschnitt aus dem Katasterplan) gehörte es Joseph Bickmann. – Wahrscheinlich wurde es dann nach dem 1.Weltkrieg abgerissen, die Fläche von der Gemeinde gekauft. – Der Grundstein fand eine Wiederverwendung in der Außenmauer des Anwesens und Nachbarn Kreling.

Bildunterschriften:

  1. Alter Grundstein in der Straße Am Ehrenmal.
  2. Der Grundstein wurde erst bei der Erneuerung der Mauer wieder entdeckt.
  3. Ausschnitt aus dem Urkastaster von 1829 (genordet): unten am Bildrand die Kapelle/Kirche, nördlich davon die ehemalige Mädchenschule (heute Standort des Ehrenmals), nördlich davon das Haus Bickmann, später Kaltener.
  4. Heute ist vor dem alten Grundstein der von der Volksbank angelegte Parkplatz zu finden. Das Foto entstand am 17.11.2013 während der Bauarbeiten.