Von Christina Röttger und Wolfgang Marcus
Erstabdruck: Jahrbuch 2014, Seite125-128
Wer mit dem Kegel nach der Kugel wirft, der macht etwas verkehrt, das erkennt auch der Nichtkegler ziemlich schnell. Aber was wissen die Nichtkegler sonst noch über die Kegelwelt ganz allgemein und in Bad Westernkotten im Besonderen? – Nachfolgend ein kleiner Überblick.
- Zur Geschichte des Kegelns allgemein
- Ursprünge
Das Kegeln findet seinen Ursprung in Ägypten, wo man in einem Kindergrab aus der Zeit 3500 v. Christus Teile eines Kinderspieles in Kegelform entdeckte. Als Vorläufer des Kegelns kann man auch die damaligen Steinziel- und werfspiele ansehen.
In Europa entwickelten sich die Vorläufer des heutigen Kegelns erst im 12. Jahrhundert. Man spielte es als Glücks- oder Wettspiel und setzte hohe Beträge ein, was für manch einen Kegler den Ruin bedeutete. Es blieb nicht aus, dass es hierbei zu Gewalttätigkeiten und Betrug kam, sodass dessen Ausübung unter Androhung von Gefängnis und Geldstrafen 1335 in Deutschland verboten wurde, wenig später in England (Todesstrafe!) und 1454 auch in Frankreich.
Erst im Jahre 1468 wurde in Deutschland das Kegelverbot bei einer Beschränkung des Einsatzes anlässlich von Kirchweihen wieder zugelassen. Nach zahlreichen Bilddokumenten und Überlieferungen aus dem 17. Jahrhundert gab es kaum ein Volksfest oder Kirchweih, bei denen nicht eine Kegelveranstaltung durchgeführt wurde. – 1265 schlossen sich die Bürger der Stadt Xanten und die Kanoniter des Stifts St. Victor zum „fratres Kegelorum“ zusammen und bildeten nach heutigen Begriffen den ersten Kegelclub.
- Im 16.-19. Jahrhundert
Ende des 16. Jahrhunderts verlor das Kegelspiel seinen schlechten Ruf als Wett- und Glücksspiel und wurde wieder als Unterhaltungsspiel zugelassen. Nicht zuletzt, weil auch der Hochadel und die Geistlichkeit das Kegelspiel entdeckten, was vorher nur für das gemeine Volk galt. Erste Regeln für das Kegelspiel stammen aus dem Jahre 1768. – Anfang des 19. Jahrhunderts wurden in Deutschland die ersten offiziellen Kegelclubs registriert. – Durch Württembergische Auswanderer verbreitete sich das Kegelspiel ab 1840 auch in Amerika. Das Neunkegelspiel wurde jedoch wegen seiner Begleiterscheinungen (Wetten, Trinken, Gewalttätigkeiten, Betrug) vom Gouverneur von New York verboten. Daraufhin wurde das Kegelspiel 1868 geändert, und die amerikanische Variante „Bowling“ (10-Kegel-Spiel) war erfunden.
3. Entwicklung seit Ende des 19. Jahrhunderts
- Am 09.11.1884 schlossen sich in Krefeld einige Kegelclubs zusammen und gründeten den Keglerverband von Rhein und Ruhr. Dieser Zusammenschluss war der Beginn des Sportkegelns, das Kegeln als Leistungssport zu betreiben.
- 1885: Nachdem im April in Berlin der erste Ortsverband entstand, wurde auf dem „Keglerkongress“ am 07. Juni in Dresden der Zentralverband Deutscher Kegelclubs gegründet.
- Ab dem Jahre 1886 wurden regelmäßige Bundesfeste auf den damals anerkannten Asphalt- und Bohlenbahnen durchgeführt.
- Am 12.12.1889 wurde der „Zentralverband Deutscher Kegler“ in den „Deutschen Keglerbund (DKB)“ umbenannt.
- 1891: fanden die ersten Deutschen Meisterschaften und der erste Dreibahnen-Vergleichskampf mit den USA auf Bohle-, Asphalt- und Bowlingbahnen statt.
- 1893: Georg Spellmann, Hannover, entwickelte die regulierbare Parkett-Kegelbahn.
- 1900: In Berlin fand ein 100-tägiges Preiskegeln statt. Der Gewinner erhielt eine hochherrschaftliche Villa.
- 1910: In den USA wurden die ersten vollautomatischen Kegelaufstellmaschinen auf Bowlingbahnen in Betrieb genommen.
- 1921: Die Scherenbahn wurde in diesem Jahr vom Deutschen Keglerbund zugelassen.
- 1926: Am 21. Januar 1926 wurde die erste Frau in den DKB aufgenommen.
- 1930: Der „Deutsche Keglerbund“ wurde in die Organisation der Internationalen Sportverbände aufgenommen.
- 1950: Nach der Auflösung im 2. Weltkrieg erfolgte die Neugründung des Deutschen Keglerbundes am 14.10.1950 in Bielefeld.
- 1952: Als Nachfolgeorganisation des internationalen Dachverbandes (durch den Krieg aufgelöst) wurde die „Federation Internationale des Quilleurs“ (FIQ) gegründet. Im FIQ sind derzeit 100 Nationen und mehr als 11 Millionen Sportkegler und Bowler organisiert.
- 1965: Das 23. und bis jetzt letzte Bundesfest des DKB wurde in Berlin auf Scheren-, Bohlen-, Asphalt- und Bowlingbahnen ausgetragen. Es standen 48 Kegelbahnen für 5.018 gemeldete Starts zur Verfügung.
- 1972: Die ersten Kegelbahnen mit einer Kunststofflauffläche wurden gebaut.
- Am 30. Januar 1976 wurde in Hagen und am 25. Juni in Augsburg die ersten DKB-eigenen Leistungszentren eröffnet.
- Erstmals wurde 1979 aus Anlass des „Internationalen Jahres des Kindes“ ein „Kegeln für UNICEF“ durchgeführt. Das Olympische Komitee (IOC) erkennt die „Federation Internationale des Quilleurs“(FIQ) als Sportverband im olympischen Sinne an.
- 1980 Der Computer (Mikroprozessor gesteuerte Kegelstellmaschine) hält auf den Kegelbahnen Einzug.
- Auf private Initiative fand zum ersten Mal im November 1982 in Münster „Europas größte Kegelparty“ statt. Es wurden nur Freizeit- und Hobbykegler zum Start zugelassen. Diese Veranstaltung wird bis heute jährlich durchgeführt.
- 1985: Der Deutsche Keglerbund (DKB) feiert sein 100-jähriges Bestehen. In diesem Verband sind ca. 180.000 Sportkegler und Bowler organisiert.
- 1990 Am 08.12.1990 werden die neuen Bundesländer in den DKB aufgenommen.
- 1998 In den Disziplinen Asphalt, Bowling und Schere gehören zahlreiche Athletinnen und Athleten des DKB zu den amtierenden Welt- und Europameistern sowie Weltcup-Siegern der Saison.
- In Deutschland kegeln etwa 21 Millionen Menschen zu ihrem Vergnügen. Davon kegeln etwa 4 Millionen regelmäßig. Durch die große Beliebtheit kann man heute das Kegeln als Volkssport bezeichnen.
- Zur Geschichte und Gegenwart des Kegelns in Bad Westernkotten
Erst 1955 wurde die erste Kegelbahn in Westernkotten errichtet. Sicherlich haben manche Westernkötter auch schon vorher in Kegelclubs und auf Kegelbahnen der Nachbarstädte gekegelt. So datiert der älteste „Rauch- und Kegelclub“ aus Lippstadt aus dem 19. Jahrhundert.
- Die Kegelbahn des Gasthofs Kemper (1955-heute)
Dazu hat Christina Röttger geborene Kemper im April 2013 die folgenden Ausführungen zusammengestellt:
„Ein paar Daten zu unserer Kegelbahn: Es ist die älteste und mittlerweile einzige betriebene Kegelbahn in Bad Westernkotten, erbaut 1955 als Scherenbahn und zugleich Bundeskegelbahn. Bis 1964 wurden die Kegel übrigens noch per Hand aufgestellt, erst danach hielt die entsprechende Technik Einzug.
Bei uns kegeln rund 40 Kegelclubs regelmäßig ein bis zweimal monatlich. Bei den Kegelclubs handelt es sich um Frauen und Männer aller Altersstufen von ca. 18 bis 80 Jahren. Hier sind einige aufgezählt und kurz beschrieben:
- Unser ältester aktiver Damenkegelclub heißt „Lustige Kugel“ (Ingrid Stillecke Senior, Renate Knoche, Elisabeth Westermann, Else Zimmer, Mechthild Köneke u.v.a….) diese Damen kegeln bereits seit 1967 zusammen und Ihr Vereinsgetränk ist der „Rote“, der konsequent, einheitlich und reichlich verzehrt wird. Zudem sind die Kegelschwestern Spezialistinnen für den besonders seltenen Wurf „König aus der Mitte“.
- Unser ältester aktiver Herrenkegelclub heißt „Mit Schwung“ (Heinz Dinslaken, Adolf Schröer, Peter Fuhst u.v.a.) und kegelt sogar schon seit 1959.
- Der jüngste Damenclub sind die „Biekenbräute“ (Silke Menning, Katharina Deimel, Sandra Johannknecht, meine Schwestern und ich u.v.a….), gegründet 2010 und bekannt für den alljährlichen sehr speziellen, Aufsehen erregenden und nicht allzu ernst zu nehmenden Umzug durchs Dorf am Freitag vor Schützenfest.
- Der jüngste Herrenclub sind die „Westernkötter Lückenfüller“ (Hendrik Henneboel, Christian Wieners, André Stiller u.v.a….); die Jungs haben sich übrigens deshalb so genannt, weil sie die derzeit einzige Lücke in unserem Kegelbahn-Kalender gefüllt haben, seitdem kegeln sie dienstags abends ab 20 Uhr.
- Seit jeher nehmen viele unserer Kegelclubs an den offiziellen Stadtmeisterschaften im Kegeln der Stadt Erwitte teil. Besonders und z.T. sogar mehrmals erfolgreich teilgenommen haben dabei die „Happy Ladies“ (Claudia Risse, Manuela Schwarzrock, Karin Spiekermann u.v.a….), die „Soleboys“ (Werner Eickmann, Andreas Fuhst, Dieter Schwarzrock u.v.a….) und „Zwischendurch“ (die Ehepaare Fuhst, Groene, Hense u.v.a….). Die genannten Clubs belegten dritte bis erste Plätze.
- Ein besonderer Konkurrenzkampf besteht traditionell zwischen den Herrenclubs „Steife Neun“ (Günther Sänger, Peter Eickmann, Ralf Hense u.v.a….) und „Die lustigen Wölfe“ (Manni Risse, Martin Schmidt, Raimund Spiekermann u.v.a….). Die beiden Clubs sind solche Rivalen, dass Sie sogar jährlich ein Vergleichskegeln veranstalten, nach dem Kegeln sind aber natürlich alle wieder freundlich gesonnen.
Seit 2008 veranstalten wir auf unserer Kegelbahn alle zwei Jahre eine Bahnmeisterschaft (10 Wurf in die Vollen und 10 Wurf Abräumen) für alles unsere Clubs. Klar, dass in der Herrenwertung der erste Platz bisher ausschließlich von der „Steifen Neun“ oder den „Lustigen Wölfen“ belegt wurde. Ebenfalls bemerkenswert sind die in der Damenwertung bisher ungeschlagenen Damen „Die bessere Hälfte“ (Margret Spangemacher, Barbara Erdmann, Ina Schütte u.v.a….), sie konnten bisher alle drei Meisterschaften mit Abstand für sich entscheiden. Die bisher besten Einzelkegler waren Robert Schrage mit 120 (!) Holz und Margret Spangemacher mit 107 (!) Holz, das sind wirklich sensationelle Leistungen! – Bei allem Wettbewerb und Ehrgeiz ist uns aber auch von vielen Clubs bekannt, dass Sie an manchen „Kegelabenden“ nicht ein einziges Mal gekegelt, dafür aber ausgiebig die Lage besprochen haben…“
- Die Kegelbahn im Treffpunkt (Hotel zur Therme), Weringhauser Straße 19 [1974-2003]
„Veranlasst durch die günstige Lage zum neuangelegten Kurpark entschlossen sich Antonius Büker und Frau Helga ,geb. Mintert, am 11.5.1962 das Café-Restaurant „Treffpunkt“ zu eröffnen. Im Zuge der Umstrukturierung des Kurbetriebes mit den neuen Sanatorien am Mühlenweg erfolgte 1974 ein durchgreifender An- und Umbau zur Erweiterung der Geschäftsräume inklusive des Baus einer Bundeskegelbahn.“ [Mönnig, S.386/87] 1991 erfolgte der Ausbau zum „Hotel zur Therme“.
„Unsere Kegelbahn war von 1974 bis 2003 geöffnet. Zwischenzeitlich hatten wir etwa 30 Clubs, die auf unserer Anlage abends kegelten. Dazu kamen nachmittags noch Firmen, Kurgäste oder später auch Kindergeburtstagsgruppen. Auch Vereinsmeisterschaften usw. wurden bei uns durchgeführt. 2003 haben wir den Betrieb dann eingestellt, um uns stärker auf das Hotelgeschäft zu konzentrieren.“ [Helga Büker in einem Telefonat am 30.5.2013]
Quellen
-http://www.svsemperberlin.de/kegeln/geschichte; Zugriff: 18.4.13
-Deutscher Kegelbund (DKB): Internetseite
-Mönnig, Ferdinand, Gewerbebetriebe in Bad Westernkotten, in: Bad Westernkotten. Altes Sälzerdorf am Hellweg, Lippstadt 1987, S.370 ff.