1936: Steimann Rudolf: Heimatliche Bilder aus der Vergangenheit eines uralten Geschlechts: von Bredenol

In: Lippstädter Heimatblätter (HB) 18 (1936), S. 45 – 48

Nach Dokumenten und Urkunden aus meinem Familien-Archiv – von Erbsälzer Rudolf Steimann, Bankdirektor i. R. und Handelsrichter a. D. in Münster

[Transkribiert am 29.09.2025. Kleinere Anpassungen an die heutige Schreibweise wurden vorgenommen. Einige Fotos habe ich auch beigefügt. Kleinere Übertragungsfehler sind nicht ausgeschlossen. WM]

Nach den zahlreichen geschichtlichen und archivalischen Überlieferungen gehört die Familie v. Bredenol zu den ältesten des westfälischen Ur-Adels.

Der Name begegnet uns zuerst in einer Original-Pergament-Urkunde vom Jahre 1072, welche früher im Geh. Staats- und Kabinetts-Archiv in Berlin ruhte, in letzter Zeit aber im Staats-Archiv Münster aufbewahrt wird. Sie tut uns kund und zu wissen, dass Erzbischof Anno II., der Heilige, mit Genehmigung des Papstes Alexander, im Jahre 1072 das Benediktinerkloster Grafschaft, Kreis Meschede, gründete und dasselbe zu seinem Unterhalte mit irdischen Gütern in wahrhaft generöser Weise ausgestattet hat. Außer einer Reihe von Kirchen und Ortschaften, mit 10 Bauernhöfen, dem Zehnten in Warstein, Belecke, Allagen usw. empfing es sechs Haupt-Höfe. Nuttlar, Glintfeld, (Ober) Hemer item (Unter) Hemer, Amelinghusen und Pretinholo, zwei Weinberge bei Diebach und Erpel nicht zu vergessen.

Diese curtis Pretinholo bedeutet >Bredenole<. Hier finden wir den Namen zum ersten Mal« als Ortsnamen. — Außer diesem Hofe gab es aber noch einen Rittersitz gleichen Namens, dort wo der Märker heute Eisen reckt, denn von Steinen berichtet in der Historie des Amtes Iserlohn. >Bredenole<, zwischen Menden und Hemer auf der Oese[1] hat dieses Schloss gelegen, ist aber ganz zerstöret und die Güter sind mehrenteils zum Hause Edelburg verlegt worden. [Hier ein Foto der Oese bei Hemer]:

 [Foto: Klartext]

Es ist selbiges das Stammhaus der berühmten Ritter-Familie gleichen Namens gewesen, wie D. Müther schreibt: Bredenolo castru sedes Familiae de Bredenole hat auf der Oese zwischen Hemer und Menden gelegen, im Lande von der Mark, hernach ist es an die von Westhoff kommen, von diesen durch Heirat Magret von Westhoff an Herman von Ense gnt. Varnhagen und eben also an die Lappen von Romberge.“

Die Familien-Namen kommen erst im späteren Mittelalter auf, zuerst beim Adel im 12. und 13. Jahrhundert und zwar »ach den Stammsitzen des Geschlechts.

Wir finden daher erst am 10. Juli 1235 den ersten persönlichen Träger des Bredenollschen Namens Ritter Rutgerus de Bredenol« als Zeuge in Altena beim Austausch von Ministerialen zwischen dem Grafen o. d. Mark und dem Grafen Gottfried von Arnsberg. (Westf. Urk. Buch.)

Von diesen für die Familien-Geschichte so überaus wichtigen Urkunden vom Jahr« 1072 und 1235 hab« ich mir, mit Erlaubnis des Staats-Archivs Münster, Photographien für mein Familien-Archiv anfertigen lassen.

1180 hatte Kaiser Friedrich Barbarossa seinen grimmigen Widersacher, Heinrich den Löwen, in Acht und Bann erklärt; sein Herzogtum Sachsen wurde aufgeteilt und den jeweiligen Erzbischöfen von Köln die Herzoggewalt in Westfalen zugesprochen. Diese ernannten einen Marschall, welcher als Statthalter die Verwaltung des Herzogtums zu vertreten und die mannigfachen kriegerischen Unternehmungen zu führen hatte.

Mit diesem hohen Amte wurde 1276 Ehrenfriedus I. d« Bredenol als Marschall von Westfalen betraut. Er ist der hervorragendste Vertreter seines Namens und Geschlechtes und führte den Beinamen dey Blinde d. h. der Blonde, wie sich auch diese sonderbare Bezeichnung bei seinen Söhnen und Enkeln mehrfach wiederholt. Sein« Tochter Beatrix v. Bredenol war die Gattin Thimo II. von Honrode (nach Seibertz der Enkel Heinrich II., Grafen von Arnsberg) und seine Tochter Palmania v. Bredenol die Gattin Gottfried I. von Rüdenberg (Sohn Conrad II. von Rüdenberg, Burggrafen von Stromberg — nach Seibertz.) Vermutlich wird Ehrenfried am 8. Juni 1288 an der blutigen Schlacht bei Worringen teilgenommen haben, in welcher sein Landesherr Erzbischof Sigfried von Westernburg in Gefangenschaft geriet.

Im Staatsarchiv zu Münster ruhen zahlreiche Urkunden von ihm und seinen Angehörigen, unter denen sogar die weiblichen Mitglieder in höheren Ämtern hervorgetreten sind. So erscheinen in der Zeit von 1301—1401 zwei Haseke von Bredenol als Äbtissinnen des Hochadelig Frey weltlichen Stiftes Fröndenberg, welche ihrem Kloster ansehnliche Güter als Mitgift zuführten. Die Äbtissinnen wurden aus der Reihe der Kapitularinnen gewählt. Alle mussten ritterbürtig sein, d. h. ihren Adel durch 16 auf Domstiftern und Ritterstuben anerkannte Wappen beweisen und beschwören können.

Von dem märkischen Stammsitz aus hat sich das Bredenollsche Geschlecht schon sehr frühzeitig in die lippischen Lande verbreitet. Bereits anno 1325 besitzen die von Bredenol in Westernkotten eine Saline, darüber gibt uns eine Urkunde im Staatsarchiv Kunde des Inhalts, dass der Knappe Heydenreich von Bredenol der Äbtissin Gertrud und dem Konvent des Klosters Benninghausen eine Rente aus seinem Salzhause in Westernkotten (ex domo mea salinaria sita in Westernkothen) verpfändet.

Ritter Ehrenfried von Bredenol besiegelt das Dokument und der Edelherr Simon zur Lippe ist Zeuge. Von dieser wichtigen Urkunde habe ich mir ebenfalls «in Lichtbild nebst beglaubigter Textbescheinigung seitens des Staatsarchivs anfertigen lassen, weil hierdurch einwandfrei dokumentiert wird, dass dieser Besitz — dessen wenige restlichen Liegenschaften mitsamt den Salz-Gerechtsamen am Brunnen in Westernkotten heute als Erbsälzer mein persönliches Eigentum sind — nicht allein sehr alt, sondern heute mindestens schon 611 Jahr« von Geschlecht zu Geschlecht sich in der Familie vererbt hat. Denn meine Großmutter, die Gattin des früheren Rechtsanwalts und Notar Carl Markus Hille in Rüthen, welcher 1876 als Kanzleirat in Lippstadt verstorben ist, war Therese geb. Bredenol aus Erwitte.

Vom genannten Jahre 1325 ab mehren sich die erhaltenen Urkunden aus der Lippstädter Gegend.

Auf der Burg Lipperode werden die von Bredenol als Burgmannen der Edelherren v. d. Lippe schon vor 600 Jahren genannt: 1344 Wychard v. Bredenol, 1363 Heinrich, 1371 der tapfere Berthold v. Bredenol in der Tecklenburger Fehde. Von diesem „Tekleneborgischen Orlogh“ berichtet der ehem. Bürgermeister Möller in der alten Lippstädter Chronik Folgendes: Graf Otto v. Tecklenburg hatte gewaltsam von Lippstadt und Lipperode Besitz genommen, woselbst er 1365 einen Huldigungstag abhielt. Darüber entstand eine lange Fehde mit seinem Schwager Simon III. zur Lippe, welcher 1371 besiegt wurde. Verschiedene Herren blieben auf dem Schlachtfeld, so der tapfere Berthold von Bredenol und Dietrich von Volmarstein, zwei treffliche Märkische Ritter.

Während die v. Bredenol bisher als Burg man neu genannt werden, erscheinen sie — wie wir weiter unten sehen Werden — ab 1412 als Inhaber des Lipperoder Burglehens.

Zwischendurch müssen wir chronologisch eines Vertreters des Geschlechts gedenken, der mit dem [sonderbaren Vornamen] „Schadelant“ in die Geschichte eingegangen ist. Es ist Dietrich v. Bredenol, ein furchtloser Haudegen, aber Raufbold und der echte Typus des damaligen Raubrittertums. Er und noch zwei andere Recken, Albert v. Vreysendorpe und Wilhelm Rumestrate, wurden bei einer Fehde zwischen dem Grafen v. d Mark und den Dortmundern gefangen und mussten am 13. Febr. 1383 auf dem Markt von Dortmund Urfehde, d. h. Frieden, schwören.

2m Jahre 1387 begegnet uns wiederum ein Ritter Berthold v. Bredenol, der aber mit dem obengenannten nicht identisch sein kann, weil jener 1371 gefallen ist. Dieser untersiegelt mit dem Knappen Temme (Thimmo) von Bredenol und Rolf von Erwitte als Zeugen ein Dokument, wonach der Knappe Berthold von Hondorp dem Jungfrauenkloster zu Lippstadt als „Veredung“ (Ausstattung) für seine Schwester Alheide „elftehalb“ Gärten auf der Südseite des Weges von der „Clusepforten“ nach der „lütken Linde“ übereignet.

Hier nehmen wir den 1412 unterbrochenen genealogischen Faden wieder auf, denn von jetzt ab erscheinen die von Bredenol nicht mehr als Burgmannen, sondern als Inhaber des Lipperoder Burglehen. So Dres (Andreas) v. Bredenol, der auch Besitzer eines der ältesten „adeligen Höfe“ in Lippstadt gewesen ist. Von diesem ist in einer Urkunde v. J. 1488 mit den Worten die Rede: Der alte Hof, der früher Dies v. Bredenol gehört hat. Nach den bisherigen Feststellungen dürfte er in dem jetzigen Häuserblock an der Langenstraße (im Kirchspiel Jacobi) vom Rose’schen Eckhaus bis zum Porzellangeschäft Jul. Damm zu erkennen sein. Von ersterem soll ein unterirdischer Gang zur benachbarten Jacobi-Kirche vorhanden sein. Herr Universitäts-Professor Geheimrat Rose schrieb mir hierzu am 27. April 1921 wörtlich „Nach Heu noch vorhandenen Resten lässt sich mit Gewissheit das Vorhandensein eines unterirdischen Ganges nachweisen, der von der Mitte unseres Hauses unter dem ehemaligen Friedhof in die daneben befindliche Jacobikirche führt und zwar in den Pfeiler ausmündete, an welchem sich die Kanzel befindet. Wiederholt haben Arbeiter versucht, in den Gang einzudringen, mussten aber umkehren, weil die Stufen verschüttet und der Gang unpassierbar geworden ist. In der Mitte der Kirche liegt ein Brunnen unter den Steinplatten des Hauptganges, aus dem mein Elternhaus bis zur Einrichtung der städtischen ‚Wasserleitung mit Wasser versorgt wurde.“

In dieser Jacobikirche zu Lippstadt befinden sich — wie ich kürzlich selbst festgestellt habe — heute noch an den verschiedensten Stellen «nie Menge Grabplatten, die jetzt erbarmungslos als Fußboden-Belag benutzt werden, darunter im Turm ein Epitaph mit 6 Wappen (v. Bredenol, v. Düster (3 Eichhörnchen), v. Olden (3 Fußeisen) usw.), auf welchem der Name Ehrenfried von Bredenol eingemeißelt ist. Da Baurat Ludorf dies« kulturgeschichtlich wertvollen Schätze in seinem Werk die „Kunstdenkmäler des Kreises Lippstadt“ anscheinend übersehen hat, so habe ich an geeigneter Stelle deren Inventarisierung mit Lichtbildern angeregt, bevor sie unwiederbringlich verloren sind.

Die von Bredenol waren aber nicht allein in Lippstadt ansässig, sondern auch eifrig für das Wohl der ehrenreichen Stadt tätig.

Overmann hat nach den alten Magistrats-Akten eine Zusammenstellung verfasst, aus der zu entnehmen ist, dass die von Bredenol von 1406 bis 1494 und die mit ihnen eng versippten von Düsteren von 1382 bis 1515 fast ununterbrochen die Geschicke Lippstadts geleitet und deren schwere Sorgen als Consules, Bürgermeister und Ratsherren auf ihren Schultern getragen haben und zwar

1406 Wychard von Bredenol als ratmann

1439 Hermann von Bredenol als ratmann

1441 Hermann von Bredenol als borgemester

1451 Hermann von Bredenol als ratmann

1455 Hermann von Bredenol als burgemester

1459 Hermann von Bredenol als burgemester

1467 Hermann von Bredenol als raetmann

1475 Diedrich von Bredenol als raetmann

1479 Diedrich von Bredenol als ratmann

1492 Rudolf von Bredenol als raydtmann

1484 Rudolf von Bredenol als raydtmann

Rolef von Bredenol (1479/1488) hatte« Anna von Duester zur Frau und sie besaßen u. a. den Hof Berenbrock bei Lippstadt, auch am Salzbrunnen in Westernkotten waren sie beteiligt, denn 1442 hatte Friedrich v. Hoerde zu Störmede an Johann Duester eine Rente aus seinem Salzhause verkauft. Vor dem Lipper Tore in Lippstadt gab es 1426 eine Duester-Mühle, welche landesherrlich war.

Der Sohn Rolefs war Bernd von Bredenol, seine Schwiegertochter Margarethe. Dieser Bernd spielte ein« bedeutende Rolle; er war sehr reich begütert und genoss hohes Ansehen. Wir finden ihn 1563 als Inhaber des Lipperoder Burglehen und der Saline in Westernkotten, 1505 als Besitzer des Hofes Suderlage (bei Liesborn) und der Borlinghauser Mühle bei Lipperode, des Hofes Kresenbroke (bei Wadersloh), 1566 als Inhaber von Burg und Hof zum Rhade (zwischen Lippstadt und Westernkothen). Er erwirbt hinzu alle Güter, die seinem Vetter Thomas von Verninckhusen und dessen Sohn Nolken von dem verstorbenen Johann Synskeman genannt Rettberg erblich zugefallen sind, gelegen in und außerhalb der Stadt und Herrschaft Lippe oder in anderer Herren Länder sei es Kölnisch, Clevisch, Märkisch, Münsterisch, Osnabrückisch, Rettbergisch, Lippisch und Paderbornisch, ohne Unterschied. — 1511 war er Droste des Grafen zur Lippe in Lippstadt, 1515 bebaut er sein Gut zum Rhade selbst und stirbt um das Jahr 1528. – Sein und seiner Gemahlin Margaretha Kinder sind

1. Anna v. Bredenol, Gemahlin Othmars von Galen,

2. Gerhard v. Bredenol, Propst an St. Marien zu Lippstadt,

3. Jürgen (Georg) v. Bredenol zum Rhade; Gemahlin: Christine von Schorlemer,

4. Ehrenfried v. Bredenol,

5. Bernd v Bredenol, mit der Bezeichnung „Berendes zeligen Sone“ oder der Jüngere.

Die betr. Lehnsakten im Lippischen Landesarchiv zu Detmold habe ich eingesehen und mir von dem Lehnsbrief für Bernd von Bredenol, datiert Lemgo, den 9. März 1512 ein Lichtbild mit beglaubigter Abschrift anfertigen lassen.

Nach einem Bericht der Rechtsgelehrten zu Cöln in der Grenzstreitsache der Stadt Lippe contra Erzstift Chur-Cöln et Bredenol (Siehe Staats-Archiv Cleve-Mark) hat Bernd von Bredenol, der Jüngere, von seinem Vater die Güter zum Rhade und Westernkotten verliehen bekommen, ist aber bald darauf verstorben.

Nach seinem Tode ist sein jüngerer Bruder Jürgen (Georg) von Bredenol aus Livland heimgekehrt, hat diese Güter übernommen, sich mit Christine von Schorlemer auf dem Hause Westernkotten vermählt und auch zeitweise seinen Wohnsitz in der Stadt Lippe genommen, wo die von Schorlemer ebenfalls einen Hof besaßen.

Das Haus zum Rhade, innerhalb der lippischen Landwehr, war ein ewiger Zankapfel zwischen der Stadt tor Lippe und dem Erz-Stift Cöln, zu dessen „adligen Landsassen“ die von Bredenol gehörten.

Im Staats-Archiv zu Münster befindet sich ein kostbares Buch in schweinsledernem Einband mit 102 Seilen in niederdeutscher Sprache. Es ist das Copiarium der Familie von Bredenol zum Rhade vom Jahre 1541. — In Form einer Chronik wird uns vom Jahre 1400 (sine die) bis 16. Sep. 1544 berichtet. Dieses letztere Protokoll Lehnsbrief der Herren von Erwitte über den Hoff tho dem Rade an Jürgen (Georg) von Bredenol muss nachträglich hinzugefügt sein, weil das Datum mit der Niederschrift des Copiars aus dem Jahre 1541 nicht übereinstimmt. Das seltene Buch hat im Text eine Menge reich geschnörkelter Initialen und zwar Federzeichnungen, die so originell sind, dass sie dos Interesse des Provinzial-Konservators Baurat Ludorf erregt haben, welcher einen Teil davon in dem Werk „Die Kunstdenkmäler des Kreises Lippstadt“ verwertet hat.

Initiale aus der Geschichte der Familie von Bredenoll

Der oben erwähnte Jürgen von Bredenol hat 1541 das Rittergut zum Rhade übernommen, wir wissen auch, dass er zur Übernahme aus Livland heimgekehrt ist und dürfen deshalb mit Recht vermuten, dass er dort dem Deutsch-Ritter-Orden, wie so viele vom westfälischen Adel, angehört hat. Schon sein Vorfahre, Berthold von Bredenol war — genau 100 Jahre früher — nach den Visitations-Urkunden des Livländischen Urkunden-Buches 1441 Komtur in Goldingen (Kurland) und 1451 Marschall in Wenden (Livland) und zwar bezgl. seiner Herkunft mi: dem ausdrücklichen Vermerk „Herrschaft Lippe“.

Pastor Theodor Dane erzählt in einem Aussatz Bertrade v. Twiste (Lippstädter „Heimatblätter“ 15.3.1922 Nr. 3) von einem Kurt v. Bredenol, der 1623 mit Albrecht v. Padberg bei einem Kriegszug gegen die Türken in Ungarn in türkische Gefangenschaft geraten sein soll. Kurt v. Bredenol lernt hier eine vornehme Griechin namens Irene kennen, die von seinem Zwingherrn ebenfalls gefangen gehalten wurde, beiden gelang die Flucht und Irene wurde die Gattin des westfälischen Ritters. Diese romantische Geschichte, welche einem Westfälischen Taschenbuch Gunloda 1833 (Herausgeber Moritz Bachmann in Paderborn) entnommen sein soll, habe ich sonst nirgends bei meinen sehr ausgedehnten Forschungen bestätigt gefunden. Es ist sogar von Berlin uns durch ein Rundschreiben an sämtliche deutschen öffentlichen Bibliotheken nach dem erwähnten Taschenbuch vergeblich gesucht.

Ebenfalls in das Reich der durch Urkunden nicht erwiesenen Fabeln gehört wohl die Sage vom Ritter Hans v. Bredenol. Sein Gegner war Adolf v. Klusenstein, der sich 1190 dem Kreuzzug Kaiser Friedrich Barbarossas angeschlossen hatte. Als der Hohenstaufe vor Erreichung des Zieles in den Fluten des Saleph seinen Tod fand, betrachtete Adolf dieses als böses Omen, kehrte heim, fand aber die Burg Klusenstein vom Bredenol besetzt und eroberte sie zurück.

„Hans stürzte zerschmettert von Adolfs Hand

Hinunter die grausige Felsenwand… „

Dieses ist der Ausklang eines epischen Gedichtes, welches mir vor längerer Zeit aus der Chronik des Pastors Wulfert in Hemer zur Verfügung gestellt ist. Nirgendwo fand ich bisher den Inhalt dieser Romanze historisch begründet. Aber: Das Gold der Poesie ruht immer noch versteckt als Sage in den Trümmern alter Burgen und Ruinen. —

Georg Rembert v. Bredenol zum Rhade und seine Ehefrau Margarethe geb. v. Frydag hatten nur ein einziges Kind, Walburga Anna, welche um das Jahr 1662 mehrfach in den erhaltenen Urkunden meines Archivs als Stiftsjuffer [Stiftsjungfrau] im adeligen Damenstift zu Cappel erscheint. Ebenfalls finden wir hier 1627 Elisabeth v. Bredenol und 1594 Margarethe v. Bredenol als Domina (Äbtissin) bei einem Überfall, den 30 bis 40 versprengte und vagabundierende holländische Soldaten auf das unbewachte Stift Cappel unternahmen.

Während des 30jährigen Krieges, besonders durch die mordbrennerischen Heerhaufen des „tollen Christian“, ist die Umgegend von Lippstadt verwüstet und gebrandschatzt. Die v. Bredenol sind um jene Zeit in Lippstadt, Lipperode, Geseke, Salzkotten, Böckenförde, Eikeloh, Erwitte und Westernkotten nachgewiesen und haben mit Gut und Blut schwer zu leiden gehabt.

Die beiden Töchter Arnolds v. Bredenol und seiner Ehefrau Elisabeth geb. v. Spiegel, welche das Fürstbischöflich-Paderbornische Obedienz-Gut (den „Amtshof“) in Böckenförde zu Lehn trugen, waren in diesen aufgeregten Zeilen an zwei Truppenführer verheiratet. Die eine, Elisabeth, war die Gattin des Obristlieutenant von Bantzen, die andere an den Obristlieutenant Frhr. v. Wendt zum Crassenstein vermählt. Dieser Obrist von Bantzen wurde vom Grafen Johann v. Ostfriesland und Rittberg zum Kommandanten des eroberten Lippstadts ernannt, welches am 23. Oktober 1623 kapituliert hatte. Er richtete sich sofort häuslich ein, forderte für die Kommandantur-Küche eine fette Kuh, Holz zur Heizung und Talg zur Beleuchtung. Für die Disziplin unter seinen rauen Kriegsleuten hat v. Bantzen musterhaft gesorgt, dafür überreichte ihm der dankbare Magistrat der Stadt zum „Willkomm“ 100 Reichstaler.

Zum Schluss meiner heutigen Schilderungen sei noch eine interessante Auszeichnung aus meiner Familien-Chronik und eine Original-Urkunde aus der neueren Zeit des Familien-Archivs hier überliefert.

Peter Christian v. Bredenol — ein Bruder des 1732 verstorbenen Laurentius Bredenol, zeitlebens gewesener Erbsälzer in Westernkotten und Churfürstlicher Gerichts-Assessor in Erwitte — ist in Westernkotten geboren und wurde Offizier. Die hier folgende Niederschrift seines Bruders Laurentius bekundet:

„Im Jahre 1710 den 23 Marty vormittags ums 10 Uhren ist mein Sohn Ehrenfriedus Christianus Laurentius geboren, welcher in hiesiger Kirche d. 29. ejusdem zur Tauff gehalten, von m. Bruder Petro Christiano Bredenoll, unter der durchlauchtigsten Republica von Venedig wohlbestallter Hauptmann im Steinaw’schen Dragoner-Regiment, anno 1714 in medio Decembris zu Warschau in Pohlen Gestorben u. laut Attestats des Obristen von Pettzig in der Hauptkirche zu St. Johannes allda begraben.

Die Original-Sterbeurkunde lautet:

„Daß der Herr Hauptmann Peter Christ, von Pretenoll seel. welcher bey Ihrer Königl. Majestät und Churfürstl. Durchlaucht zu Sachsens Chevalier Garden als Chevalier gestanden, im medio December 1714 zu Warschau verstorben, auch in aldortiger Stadtkirche zu St. Johannis genandt begraben worden, solches Habe ich hiermit auf Verlangen attestieren wollen. – Sigl. Dresden, d. 6 Febr. Anno 1719. – L. S. (Siegel) Johann Christoph von Pettzig, Obrist er.

Friedrich August „der Starke“ hielt sich als König von Polen eine Chevalier-Garde (adlige Leibwache) „welche an Schönheit wenig seinesgleichen in der Welt mag gehabt haben“ — Sie bestand nur aus Offizieren und zwar vom Adel. Unser Peter Christian hat also — als letzter — das Adels-Prädikat noch geführt.

Dieses Elite-Korps führte silberne Pauken und Trompeten und zeichnete sich auch rein äußerlich durch eine überaus kostbare und „solenne“ Uniform aus. Peter Christian v. Bredenol, vorher Dragoner-Rittmeister in den Diensten der Repubblica Venezia, wird an der Winter-Kampagne gegen Karl XII. von Schweden in Pommern und Stralsund teilgenommen haben, verwundet nach Warschau transportiert und allda verstorben sein. Sein Schwert mit echt silbernem Griff und fein ziselierter Damaszener-Klinge befindet sich in meinem Besitz. Er, der in dem bescheidenen St. Johannis- Kirchlein in Westernkotten keine Taufe empfangen, ruht nun, fern der Heimat, in der monumentalen St. Johannis-Kathedrale zu Warschau der Ewigkeit entgegen. – Damit wollen wir diese abgekürzte Wanderung durch das Archiv einer 700jährigcn Familien-Chronik für heute beschließen. –

Dreifach ist der Schritt der Zeit: Zögernd kommt die Zukunft hergezogen.

Pfeilschnell ist das Jetzt verflogen. Ewig still steht die Vergangenheit.


[1] Die Oese ist ein etwa 19½ Kilometer langer und orografisch linker Nebenfluss der Hönne im nordrhein-westfälischen Märkischen Kreis.

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