1966: Kurhalle des Heilbades erweitert – Markstein aufstrebender Entwicklung / Hervorragende Leistung in Bad Westernkotten

Erstabdruck: Der Patriot vom 09.02.1966

DER NEUE KONZERTSAAL in der Kurhalle Bad Westernkotten, der gestern seiner Bestimmung übergeben wurde. Von Architekt Hubert Westerfeld, Lippstadt, entworfen, stellt dieser Mehrzweckraum eine wesentliche Bereicherung der Gebäude des Heilbades im Dienst an den Kurgästen dar.

Kreis Lippstadt. Wenn die Zahl der Kurgäste in Bad Westernkotten laufend angestiegen ist — eine Entwicklung, die durch die Zahl der Kurgäste für 1950: 388, 1952: 899, 1960: 3577, 1965: 4829 hinreichend belegt ist — so hat damit der erforderliche Ausbau immer Schritt gehalten. Die ungewöhnliche Steigerung der Besucherzahlen machte stets besonders auch eine zielbewusste Förderung des Baues der Anlagen notwendig, die direkt im Dienst der vielen Kurgäste stehen. Ein weiterer Markstein auf diesem Wege ist die nun erfolgte Erbohrung einer weiteren Thermal-Solquelle und die Schaffung des großzügigen Erweiterungsbaues der Kurhalle an den Gradierwerken im Kurpark. Dieser Bau ist nun glücklich vollendet worden – Anlass zur festlichen offiziellen Eröffnung, die gestern im Beisein einer stattlichen Anzahl von Ehrengästen – stattfand. Dieser Feier war am Vormittag eine Pressebesprechung voraufgegangen, in der der Erweiterungsbau eingehend besichtigt und der westfälischen Presse ein Einblick in die neugeschaffenen Einrichtungen gegeben wurde.

Die 1959 errichtete Kurhalle erhielt mit dem Erweiterungsbau eine architektonische Lösung, die durch Formschönheit wie Zweckdienlichkeit besticht. Die Planung und Erweiterung oblagen dem Landschaftsverband, die weitere Planung und Bauleitung hatte Architekt Hubert Westerfeld, Lippstadt, übernommen. Mit den Erdarbeiten begann man Mitte April 1965, nachdem die, wesentlichen Ausschreibungen im Winter 1964/65 vorausgegangen waren.

Brunnenringe

Wie oft, so stießen auch hier die Gründungsarbeiten auf beträchtliche Schwierigkeiten. Die Bodenverhältnisse und eine mit viel Niederschlägen „gesegnete“ Bauzeit verlangten eine Brunnengründung, bei der durch eine starke, nichttragende Well-Lehmschicht 55 Brunnenringe bis auf eine Tiefe von etwa zwei Meter bis auf festen Grund gesetzt werden mussten. – Der Erweiterungsbau gliedert sich in Grundriss wie architektonischer Lösung bestens der vorhandenen Kurhalle an. Sie bietet nun einen insgesamt freundlichen und großzügigen Eindruck. Dieser Eindruck wurde vollauf bestätigt bei dem ersten Rundgang durch die einzelnen Räume.

LICHTDURCHFLUTET zeigt sich auch die neugeschaffene Trinkbrunnenausgabe in der Kurhalle Bad Westernkotten (Teilansicht).

Festlicher Raum

In der Erweiterung überrascht vor allem der festliche Mehrzwecksaal, durch dessen hohe Fenster das volle Tageslicht einfällt und aus dem man andererseits einen ausgezeichneten Blick in das schöne Kurparkgelände hat. Die gesamte Ausstattung ist sehr geschmackvoll gehalten, was nicht zuletzt für die gefällige Anordnung der Beleuchtung gilt, die vornehmlich in breiten, unter der Decke laufenden kristallisierten Glasbändern liegt. – An den Saal, der 150 und mehr Einzelplätze aufweist, schließt sich die sehr geräumige Bühne an, die sich auch für die Aufführung von kleineren Theaterwerken und Kabaretts wie für kammermusikalische Darbietungen bestens eignet. Spielräume, Billardraum, Soleausgabe, Garderobe und Soleaufbereitungsraum gliedern sich an.

Die Trinkbrunnenausgabe, geräumig und licht, liegt an einer zentralen Stelle und wurde dementsprechend gestaltet. – Sehr anschaulich wirkt ein sechsteilig bleiverglastes Fenster mit der Darstellung der geologischen Erdschichten, des Salzkristalls und der sprudelnden Kohlensäure (Kunstglaser Josef Rupp, Lippstadt). Die Möglichkeit der vielseitigen Benutzung des Erweiterungsbaues wird noch erweitert durch die Verdunkelungsanlage, eingebaute Filmwand, Beleuchtung des Bühnenraumes, Lautsprecheranlage, Teil-Klimaanlage.

Baukosten 400 000 DM

In der Nutzfläche wie in den Gebäudemaßen stellt der neue Teil eine gute Verdoppelung des bisherigen Gebäudes dar. Besonders wohltuend wird auch empfunden, dass nun Alt- und Neubau einen ruhig gelegenen Innenhof umschließen, der durch seine Plattierung, Bepflanzung und den Schaubrunnen einen schönen Mittelpunkt bildet. – Die gesamten Baukosten betragen einschließlich der Nebenkosten, Außenanlagen und der Inneneinrichtung rund 400 000 DM.

In der anschließenden Besprechung, die Landesoberverwaltungsrat Herbermann, Münster, leitete und an der auch Oberkreisdirektor durch das eigene Moorvorkommen Dr. Schlarmann teilnahm, machte Kurdirektor H. W Gröger mit den Besonderheiten des Heilbades Westernkotten bekannt und betonte u. a., dass hier ein sehr reiches heilendes Gut vorhanden ist, dessen Wert noch besonders erhöht wird durch das Moor im Muckenbruch (80 Morgen). Die Gradierwerke im Kurpark mit einer Gesamtlänge von 174 m, die charakteristisch für Bad Westernkotten sind, dienen als großes Freiluftinhalatorium und sind für das Klima zugleich unentbehrlich.

Zweite Bohrung

Kurdirektor Gröger erläuterte ebenso, wie es zu der neuen Bohrung kam. Die bereits 1845 erbohrte „Westernkötter Warte“, eine eisen- und kohlensäurehaltige Thermalsolquelle, ist nach wie vor in vollem Betrieb. Die nun abgeschlossene Neubohrung hat die gleichen guten Eigenschaften, wenn sie auch in der Temperatur etwas schwächer ist als die der „Warte“ sind. – Die aufstrebende Entwicklung des Heilbades macht es, wie der Kurdirektor weiter darlegte, unbedingt erforderlich, dass die Leistungen auf jedem Gebiet Schritt halten. Zu den anhaltend zunehmenden Zahlen der Kurgäste kommt die Steigerung der Kurmittelabgaben. Betrugen dieses 1950 rund 18 000, so jetzt (1965) 143 000!

Die Betreuung

Kurarzt Dr. Bisping schilderte den Ablauf der Betreuung der Kurgäste in den Pensionen, die im Mittel acht bis zwölf Gäste aufnehmen können, und vor allem in medizinischer Hinsicht. Er erläuterte die Anwendung der Solen, die jeweils sehr dosiert werden müssen (eine Wanne z. B. beinhaltet nach Füllung 60 Pfund Salz); ihre Mischung, ihre Temperatur und Zeitdauer, und er wies hin auf die besondere Bedeutung der Sole für die Benutzung des Bewegungsbades, dem u. a. angesichts der zunehmenden Bandscheibenschäden große Bedeutung zukommt. Die Massagen, der Gebrauch der Sole zur Inhalation bei der Erkrankung der oberen Luftwege, die Behandlung vegetativer Dystonien waren weitere Punkt seiner aufschlussvollen Darlegungen. Dr. Bisping bezog namentlich auch den Wert der Ganzheitstherapie ein, ebenso die Diät, die nach bestimmtem Verordnungsrhythmus des Arztes verabreicht wird.

Man erfuhr ferner, dass 75 bis 80 Prozent der Bad Westernkotten besuchenden Kurgäste Versicherungsgäste sind, im Wesentlichen vermittelt durch die LVA und die BfA. Es kam indessen auch der wirtschaftliche Nutzen für den Ort selbst zur Sprache, der mit 2,5 Millionen jährlich veranschlagt wird.

70 Morgen aufgeforstet

Bürgermeister Brock teilte mit, dass am Muckenbruch weitere Aufforstungen geplant sind. In Bad Westernkotten sind bereits 70 Morgen aufgeforstet, die überwiegend den Kurgästen zur Verfügung gestellt werden. Der Bürgermeister wies auch auf die kommende Anlage weiterer gepflegter Spazierwege hin.

Kurdirektor Gröger, der in seinen Ausführungen wiederholt auf die Verdienste seines Vorgängers, Kurdirektors Klinkhammer, verwiesen hatte, sprach ferner von dem Vorhaben einer Generalplanung, für die 25 000 DM bereitgestellt werden sollen. Auch ist für die Zukunft geplant, an die Kurhalle ein Empfangsgebäude, das u. a. auch die Verwaltung aufnehmen soll, anzuschließen. Später ist an die Errichtung eines Bettenhauses gedacht, das rund 100 Betten umfassen soll (Bad Westernkotten verfügt zurzeit über 450 Betten, es zählt heute jährlich rund 5000 Gäste, eine Zahl, die man auf 10 000 zu steigern gedenkt).

Blumen-Wettbewerb

An dem Plan der deutschen Gartenbaugesellschaft (Bad Godesberg) auf Grund der Initiative des Grafen Bernadotte einen großen Blumenschmuckwettbewerb durchzuführen, wird sich auch Bad Westernkotten beteiligen. An Preisen werden für den Wettbewerb in Bad Westernkotten u. a. zehn Jahresabonnements der hervorragenden Zeitschrift „Westfalenspiegel“ bereitgestellt.

Abschließend betonte Kurdirektor Gröger auch das gute und enge Einvernehmen mit dem Gemeinderat des Badeortes. Er betonte noch einmal, wie sehr das stark aufstrebende Heilbad am Hellweg seine Leistungen steigern werde, vor allem zum Wohle der vielen, die hier aus der Städte Unrast und aus der Hast der Betriebe Erholung und Linderung suchen.

In festlicher Stunde wurde dann am Nachmittag (wir berichten noch darüber) der Erweiterungsbau der Kurhalle seiner Bestimmung übergeben.

DIE SCHON 1845 ERBOHRTE Thermalsolquelle versorgt unablässig den Bade- und Kurbetrieb des Heilbades. Foto: die „Westernkötter Warte“ mit den 174 m langen Gradierwerken — ein interessantes Studienobjekt.