Von Wolfgang Marcus
Allgemeines
Die sogenannte Heinrichsflut (benannt nach dem Festtag des heiligen Heinrich am 15. Juli) war eine verheerende Hochwasserkatastrophe in Teilen Nordrhein-Westfalens und Niedersachsens im Juli 1965.
Hauptursachen
- Außergewöhnlich starke und langanhaltende Regenfälle vom 14. bis 17. Juli 1965 und viel Regen bereits ab April 1965. [1]
- Sehr feuchte Böden nach bereits regenreichem Sommerbeginn.
- Rasches Ansteigen der Pegel vieler kleinerer Flüsse und Bäche (Sturzfluten-artig).
- Die Ems, Lippe (mit den wichtigen Zuflüssen Pader, Alme und Gieseler), Ruhr, Diemel, Weser und viele Nebenflüsse traten über die Ufer. Zahlreiche Ortschaften in Ostwestfalen und im Sauerland waren betroffen.
Auswirkungen allgemein
- Überflutete Felder und Straßen
- Zerstörte Brücken
- Eingestürzte Keller
- Tote und Verletzte in Teilen Westfalens. Besonders ist hier Etteln in der Nähe zu Paderborn zu nennen. Hier fanden mehrere kleine Kinder und auch Erwachsene den Tod in dem schnell anschwellenden Fluss. – Das kleine Flüsschen Altenau wurde zum reißenden Fluss. Die Altenau ist ein etwa 28,7 km langer, orografisch rechter Zufluss der Alme im nordrhein-westfälischen Kreis Paderborn und entspringt am Südrand des Egge-Gebirges.
- Schäden in Millionenhöhe:


…

Überschriften im „Patriot“ vom 19.7.1965 beziehen sich auf Etteln.
Auswirkungen im Raum Bad Westernkotten
Bad Westernkotten liegt bekanntlich an der Gieseler, einem Nebenfluss der Lippe. Die Lippe selbst war einer der am stärksten betroffenen Flüsse in NRW. In Lippstadt wurden große Flächen überschwemmt. Die Lippe trat dort massiv über die Ufer. Hier brach der Lippe-Deich in Lipperode, was sogar zur Überschwemmung des Marktplatzes in Lippstadt führte. Feuerwehr und weitere Rettungskräfte mussten helfen.
Auch die Gieseler in Bad Westernkotten führte Hochwasser, allerdings nicht in dem extrem zerstörerischen Maß wie etwa Ruhr oder Weser. Dokumentierte/überlieferte Folgen in Bad Westernkotten sind: Überflutete Wiesen und Felder, vor allem im Bereich der Gieseler-Auen; Hohe Wasserstände in der Ortslage, vor allem vollgelaufene Keller in Bad Westernkotten und Erwitte.

Auch die Ortsmitte von Bad Westernkotten war überflutet, im Bildmittelpunkt der Gasthof Kemper.
Beeinträchtigung des Kurgebietes: Die damals noch nicht so ausgebaute Kur-Infrastruktur wurde in Mitleidenschaft gezogen – vor allem Wege und Wiesen im Bereich der Gieseler; lokale Schäden an kleinen Brücken und Wegen in den Auen. Lokale Chroniken und Zeitzeugenberichte erzählen vor allem von: „Das Wasser stand auf den Feldern wie ein See.“ Und: „Die Gieseler führte so viel Wasser wie selten zuvor.“ Und: „Schützenfestsamstag: Hochwasser insbesondere in Lippstadt. Gegen 17 Uhr steht noch nicht fest, ob in Bad Westernkotten überhaupt ein Schützenfest gefeiert wird.“ [2]– Aber: Es gibt zum Glück keine Berichte über Tote oder katastrophale Gebäudeschäden in Bad Westernkotten selbst. Das Hochwasser war hier stark, aber nicht so zerstörerisch wie an Ruhr, Weser oder Ems.
Stärker waren die Auswirkungen im Raum Lippstadt.
Konsequenzen
Nicht nur für Bad Westernkotten war die Heinrichsflut ein Warnsignal: Sie zeigte die Notwendigkeit von besseren Entwässerungs- und Hochwasserschutzmaßnahmen an der Gieseler, so dass in späteren Jahren u.a. das in die Lippe fließende Pöppelsche-Wasser bei Westereiden gestaut wurde sowie Gräben ausgebaut und Flutwiesen besser geplant wurden. Insgesamt wurden fast 30 Hochwasserrückhaltebecken gebaut, die Lippe mäandriert seit einigen Jahren wieder in der breiten Talaue und begradigte, kanalisierte Flüsse und Bachläufe wurden wieder „entfesselt“. Hoffen wir, das ein „Jahrhunderthochwasser“, wie 2021 im Ahrtal, nun keine solch verheerenden Konsequenzen hat!
[1] Viele Informationen haben ich durch den Film des WDR „Katastrophe zwischen Rhein und Weser – Die Heinrichsflut“, gelaufen am 11.07.2025, bekommen.
[2] Zitiert aus dem Jahrbuch 2019, S. 52