Erstabdruck: Patriot vom 18.07.1939
[Bericht vom letzten Schützenfest vor dem 2. Weltkrieg. Das erste Schützenfest nach dem 2. Weltkrieg fand dann bekanntlich 1948 statt. WM]
Westernkotten, 18. Juli. Man musste beim Westernkötter Schützenfest dabei gewesen sein und — gottseidank — viele Lippstädter waren es auch. Das heißt, Lippstädter ist zu wenig gesagt. Aus nah und fern war jedermann ganz dabei. Denn ein Schützenfest in Westernkotten, unter den weit hingestreckten festlichen Zelten, ist eine Sache besondere Art. Hier fühlt sich wohl, wer sich wohl zu fühlen versteht, Westfale unter westfälisch frohen Menschen, Heimatfreund unter heimatfreudigen Westfalen.
Klar, dass wie überall und immer, das Fest am Samstagabend mit dem Vogelaufsetzen seinen Anfang nahm. Klar ebenso, dass die üblichen Ständchen dargebracht wurden. Dann aber ging‘s zum Zelt. Trotz strömenden Regens waren alle Mann an Bord, und ein fröhlicher Umtrunk hob an.
Am Sonntagmorgen um 3 Uhr schon war Wecken, und alle wurden auch in der Tat wach, bei den schneidigen Weisen nicht anders möglich. Zu einem Platzkonzert am Vormittag fanden sich viele ein und alle waren erfreut von den schneidigen Weisen der Warsteiner Stadtkapelle, die dem Westernkötter Schützenfest in nicht zu unterschätzender Weise zum guten Gelingen verhalf. Nachmittags 3 Uhr traten die Schützen in ihren blendend weißen „Buchsen“ unter dem Kommando des Hauptmanns der Handwerkerkompanie, Willy Kerkhoff, an.
Der Hauptmann meldete dem Oberst Josef Gudermann die Kompanien angetreten. Nach dem Abschreiten der Front wurden die Majestäten König Karl Mintert und Erika Wiese sowie der schmucke Hofstaat abgeholt und im festlichen Zug gings durchs prächtig geschmückte Dorf. Auf den Zelten angelangt, wurde ein schneidiger Parademarsch gekloppt, und der Oberst hielt eine zündende Ansprache, in der er besonders Franz Köhne in Anerkennung seiner 50jährigen Mitgliedschaft ehrte und ihm eine Ehrennadel überreichte, die ihm von der Königin angeheftet wurde. Königstanz und allgemeiner Tanz und damit allgemeine Festesfreude herrschte ununterbrochen. Das heißt unterbrochen doch etwas, und zwar durch eine endlos lange Polonaise, die den Höhepunkt des Sonntags bildete.
Wieder wurde am Montagmorgen um 5 Uhr geweckt. Um 7.30 Uhr war Antreten auf dem Schützenplatz. Die Majestäten wurden abgeholt zu einer Kriegerehrung am Ehrenmal, an dem Vereinsführer Gudermann der toten Helden gedachte. Das Lied vom guten Kameraden erklang und ein prächtiger Kranz wurde niedergelegt. Vom Ehrenmal gings zum Festplatz, auf dem das Vogelschießen Anfang und Ende fand. Durch einen Regenschauer wurde es zwar etwas in die Länge gezogen, aber als schließlich Theodor Coböken als König hervorging, war die Freude groß, die sich steigerte, als er Albertine Gerling zur Königin erkor. Besonders interessant ist, dass nunmehr Königin, König und Oberst auf einer Straße wohnen, und zwar auf der Schützenhofstraße (!).
Dass dadurch die Krönungsfeierlichkeit besonders festlich gestaltet wurde, liegt auf der Hand. Ebenso selbstverständlich ist, dass nachmittags nach dem Abholen der neuen Majestäten, des Königstanzes und der abendlichen Polonaise, das Fest einen besonders schwungvollen Ausklang fand. Des Festwirtes Anton Kemper, der für Speise und Trank bestens sorgte, darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden. Und ferner wollen wir nicht vergessen, den Adjutanten des Obersts und Geschäftsführer des Vereins, Franz Dicke, der wie immer ganz groß in Ordnung war und all die vielen Mühen und „Strapazen“ der Vorbereitung nicht umsonst auf sich genommen hatte. Wir konnten es erleben, Westernkottens Schützenfest, ein Fest der Gemeinschaft, war allen, die daran teilnahmen, ein Fest der Freude und des Frohsinns, ein Fest von Dorf und Stadt.