Landwirtschaftlicher Ortsverein, Landfrauen

I. Aktuelles

Der Landwirtschaftliche Ortsverein Bad Westernkotten entstand 1906 und hat sich im Jahre 2005 dem „Landwirtschaftlichen Ortsvrerein Erwitte und Umgebung“ angeschlossen. Im Sommer 2006 wurde mit einem großen Fest auf dem Schäferkamp noch das 100-jährige Bestehen gefeiert.

II. Fotos

III. Zur Geschichte des Landwirtschaftlichen Ortsvereins Bad Westernkotten

1906 bis 2006: 100 Jahre Landwirtschaftlicher Ortsverein Bad Westernkotten –  Entwicklungslinien und Ereignisse von 1945 bis heute

von Wolfgang Marcus (Bad Westernkotten)

[aus: Heimatblätter Lippstadt 2007] 

Vorbemerkung

Im Sommer 2006 feierte der Landwirtschaftliche Ortsverein Bad Westernkotten, der inzwischen Teil des Landwirtschaftlichen Ortsvereins „Erwitte und Umgebung“ ist, sein 100-jähriges Bestehen mit einem großen Fest auf dem Schäferkamp und vor der Schäferkämper Wassermühle. Im folgenden Beitrag wird die Zeit nach 1945 bis heute in den Blick genommen. Nach allgemeinen Ausführungen werden einige wichtige Themen aus den Protokollen des Vereins vorgestellt. Eine umfassende Darstellung der Geschichte der Landwirtschaft in Bad Westernkotten sowie des Landwirtschaftlichen Ortsvereins steht noch aus.

1. Nachkriegszeit bis 1975

1.1. Zur allgemeinen Entwicklung

  • Wenngleich der ländliche Raum im Gegensatz zu den Städten weniger unter Bombardierung zu leiten hatte, lagen auch in Westernkotten nach dem Ende des 2. Weltkrieges einige Höfe ganz oder teilweise in Schutt und Asche (z. B. Hof Kleeschulte, Osterbachstraße).
  • Viele Männer waren im Krieg getötet worden. Im Juni 1945 fiel einem britischen Journalisten auf, „dass so viele Frauen und Kinder so fieberhaft auf den Feldern arbeiten, dass viele Frauen schwarz gekleidet sind und man so wenig Männer sieht.“[1]
  • Die Felder waren ausgelaugt und der Tierbestand hatte unter der Kriegswirtschaft erheblich gelitten. Und Viehbestand und Felderträge sanken bis 1947 auf einen katastrophalen Tiefstand.[2] Es fehlte insbesondere an nötigen Düngemitteln und geeignetem Pflanz- und Saatgut. Auch die Landmaschinenproduktion kam erst langsam wieder in Schwung, da sie bereits 1942 eingestellt und auf Kriegsproduktion umgestellt worden war.
  • Die britische Militärregierung setzte die Lebensmittelbewirtschaftung des Krieges fort, die Verbraucher bekamen weiterhin Lebensmittelkarten, die Bauern Ablieferungsbescheide.
  • Besonders im Frühjahr und Sommer 1945 waren überall Menschen unterwegs, die der Krieg entwurzelt hatte: Flüchtlinge, Vertriebene, Evakuierte, Kriegsgefangene, Hamsterer, die ersten Heimkehrer…
  • Auf den Höfen musste zumeist nicht gehungert werden, aber Reibungen und Spannungen in dieser „Hamster- und Schwarzmarktzeit“ blieben nicht aus. Vor allem im „sibirischen Winter“ 1946/47 war die Hungersnot in Deutschland besonders groß.
  • Gewalttaten und Rache befreiter Zwangsarbeiter bestimmten auch in Westernkotten wesentlich die ersten Wochen nach Kriegsende.
  • Auch in der Bauernschaft standen „Säuberungen“ an: Belastete Parteimitglieder wurden aus ihren Ämtern entfernt. 1947 wurde in Westfalen der Landwirtschaftsverband (Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband, WLV) als Interessenvertretung der Bauern gegenüber Staat und Gesellschaft gegründet, dem sich die neu gegründeten Ortsvereine anschlossen. Daneben entstanden am 17. und 18.11. 1949 aus der Landesbauernschaft die Landwirtschaftskammern Rheinland und Westfalen-Lippe als Organe der Selbstverwaltung. Der gesetzliche Auftrag der Kammern lautete, „die Landwirtschaft und die in ihr Berufstätigen zu fördern und zu betreuen.“[3] Aus Lippstadt nahm an der Gründungsversammlung in Münster Kreislandwirt Pehle teil. – Auch die Landfrauenarbeit wurde Zug um Zug wieder aufgebaut.
  • Am 20. Juni 1948 brachte die Währungsreform mit 40 DM „Kopfgeld“ endlich wieder Schwung in die Gesamtwirtschaft. Auch hier gab es viele Verlierer, aber ebenso zahlreiche Gewinner dieses Währungsschnitts. Obst, Gemüse und Eier konnten fortan wieder frei gehandelt werden, Getreide, Fleisch und Milch mussten die Bauern allerdings weiter abliefern. Die Preise stiegen aufgrund der hohen Nachfrage schnell, die Geldmenge war aber bewusst knapp gehalten.
  • 1947 bis 1949 stand die Bodenreform in NRW an, die britische Militärregierung sah die Großgrundbesitzer als eine Quelle für den Nationalsozialismus an.
  • In den 1950er und 1960er Jahren fand der größte Strukturwandel in der Landwirtschaft statt: vielseitige Mischbetriebe, wie sie um 1950 noch typisch waren, wandelten sich in hoch spezialisierte Fachbetriebe; Mägde, Knechte und Heuerlinge verschwanden mehr und mehr von den Höfen; im Rahmen von Flurbereinigungen entstanden größere, maschinengerechte Schläge; befestigte Wirtschaftswege lösten Trampelpfade, Gras- und Hohlwege ab, befestigte Land- und Kreisstraßen führten durch den Ortskern, wo sich auch das Sozialgefüge mehr und mehr änderte; die Zahl der Bauernhöfe sank („Wachsen oder Weichen“): 1949 wurden in Westfalen-Lippe rund 170 000 landwirtschaftliche Betriebe gezählt, 20 Jahre später waren es nur noch 103 000 [4]; enorme Produktionssteigerungen vor allem durch verbesserten Pflanzenschutz, bessere Düngung und verbessertes Pflanzgut sowie die Einführung vielseitiger Schlepper, die zunehmend Pferde und Zugochsen ersetzten; mit dem Schlepper eroberten auch andere Geräte die Bauernhöfe wie Ackerpflüge, Düngerstreuer, Drillmaschinen, Miststreuer und dergleichen; selbstfahrende Mähdrescher setzten sich bis Ende der 1960er Jahre gegenüber dem Schlepper gezogenen Mädresch-Binder durch; ökologische Probleme; Agrarüberschüsse und Eingriffe in den Markt durch die nationale und europäische Landwirtschaftspolitik sind weitere Stichworte.

1.2. Aus den Protokollen des Landwirtschaftlichen Ortsvereins

Am 30.12.1946 wird Heinrich Eickmann zum Nachfolger von Josef Jacobi gewählt, der aber „Ortsbauernvorsteher“ (später Ortslandwirt) bleibt. Die Landwirte werden über die Auflösung des Reichsnährstandes und die Gründung des WLV informiert. Im Protokoll vom 30.4.1947 ist vermerkt, dass eine Eingabe wegen zu hoher Quoten bei der Ablieferung von Getreide gemacht werden soll. Am 24.11.1947 hält Landwirtschaftsrat Schüttert einen Vortrag über Fütterungsfragen.

Am 26.9. 1948 geht es um die Aufstellung geeigneter Kandidaten bei der anstehenden Kommunalwahl am 17.10. Geschäftsführer Helmig vom Kreislandwirtschaftsverband hält am 25.11. einen Vortrag über die Lage der Weltwirtschaft und den Marschall-Plan.

1949 berät man zusammen mit Bürgermeister Rieke die Anschaffung einer neuen Turmuhr auf dem Kirchturm. Am 16.11.1950 wählte die Versammlung Leo Jesse zum Vorsitzenden, der dieses Amt 27 Jahre lang bekleidete. Am 13.4.1951 ist von einem zunächst erfolgreichen Protest gegen die Erhöhung der Grundsteuer A von 110 auf 150 Prozentpunkte die Rede. Am 23.11.1951 hält Oberlandwirtschaftsrat Dr. Berghoff einen Vortrag über künstlich getrocknete Futtermittel und den Bau arbeitssparender Silos.

Landwirtschaftsrat Behrend spricht am 17.2. 1952 über Kartoffelanbau. Am 30.12.1953 ist Bürgermeister Josef Westerfeld zu Gast. Mit ihm berät die Versammlung über die Unterhaltung der Wirtschaftswege. Es folgen Informationen über Steuerbefreiungen bei der Anschaffung von Treckern. Anschließend gibt es heftige Auseinandersetzungen über angeblich ungeeignete Kandidaten für die letzte Kommunalwahl.

Am 27.2. 1954 folgt ein Vortrag von Dr. Kerkhoff über die Marktwirtschaft. Am 17.11.1954 spricht sich die Versammlung gegen die Einführung einer Müllabfuhr in der Gemeinde aus, da sie für die Landwirtschaft wenig sinnvoll ist und die Landwirte ihren Müll selbst abfahren bzw. entsorgen können. Am 8.12. wird die Bonitierung der Feldflur durch das Katasteramt kritisch beraten. Und noch ein interessantes Thema steht auf der Tagesordnung: Die mögliche Anschaffung einer „Waschanstalt“ für Westernkotten zur „Entlastung und Zeitersparnis der Hausfrau“. Die Einbeziehung italienischer Arbeitskräfte wird am 17.11. 1955 beraten.

1956 geht es wieder um die Benennung von Kandidaten für die Kommunalwahl. Für die CDU sollen aus den Reihen der Bauern Josef Westerfeld und Leo Jesse kandidieren. Mit dem 5.12.1956 enden die Protokolle und finden erst mit einem Protokoll von 1976 ihre Fortsetzung.

2. Zur Entwicklung von 1975 bis heute

2.1. Die Entwicklung in Bad Westernkotten im Überblick

  • Zum 1.1.1975 trat die kommunale Neuordnung in Kraft. Damit kam das Gebiet nördlich der Gieseler bis zum Suckeweg, das bisher zu Lippstadt gehört hatte, zur Stadt Erwitte bzw. zur Gemarkung Bad Westernkotten. Damit gelangten auch die Höfe Hoppe-Kloßebaum, Nordstraße 43 (Westernkötter Warte), und Schäfermeier, Nordstraße 55 (1964/65 aus der Aspenstraße 10 nach hier ausgesiedelt) in den Bereich von Bad Westernkotten.
  • Zahlreiche Höfe haben aufgrund des Fehlens eines Hoferben, eines zu geringen Eigenlandanteils, zu geringen Eigenkapitals, des allgemeinen Preisverfalls für viele landwirtschaftliche Produkte oder fehlender Expansionsmöglichkeiten ihren Betrieb eingestellt.
  • Dies lässt sich auch an der Mitgliederzahl des Landwirtschaftlichen Ortsvereines ablesen. Hatte der Verein 1940 noch 60 Mitglieder, so waren es 2002 nur noch 30 (davon zahlreiche ehemalige Landwirte). So kam es auch dazu, dass sich dem Ortsverein 1998 die Landwirte aus Eikeloh anschlossen. Und 2005 löste sich der Landwirtschaftliche Ortsverein Bad Westernkotten-Eikeloh dann seinerseits auf und schloss sich dem Verein „Erwitte und Umgebung“ an.
  • Aufgrund des Kurortes mit seinem Heilbadstatus werden an die Emissionen der Landwirtschaft hohe Anforderungen gestellt. Die Interessen der Intensivlandwirtschaft und des Heilbades lassen sich nur begrenzt unter einen Hut bringen, so dass im Ortskern bis auf den Hof Westerfeld, Wolfsangel 5, der aber keine intensive Viehhaltung mehr betreibt, alle Höfe verschwunden sind.
  • Die im Ort verbliebenen ehemaligen Hofstellen wurden zum Teil flächensaniert bzw. überplant und durch neue Gebäude ersetzt (ehemaliger Hof Westerfeld, Schützenstraße, ehemaliger Hof Göbel, Hockelheimer Weg 5, ehemaliger Hof Hoppe, Salzstraße = jetzt Kurhotel Grüttner…). Jüngstes Beispiel ist der Hof Jesse, Aspenstraße 5, sein, wo eine Service-Wohnanlage entsteht. In einigen Fällen ist es der Politik gelungen, dass zumindest die Gebäude des Hofes nicht abgerissen, sondern für Wohnzwecke bzw. eine gewerbliche Nutzung (Café Gerling, LVM-Büro Eickmann) umfunktioniert wurden. So kann heute noch die alte Gehöftstruktur abgelesen werden (zum Beispiel ehemaliger Hof Schrop, Aspenstraße 36; ehemaliger Hof Pilk, Nordstraße 24; ehemaliger Hof Eickmann, Weringhauser Straße, ehemaliger Hof Erdmann, Aspenstraße 46; ehemaliger Hof Eickmann, Weringhauser Straße…).
  • Einzelne Höfe konnten erfolgreich ausgesiedelt werden (Hof Hoppe-Nucke, Nordstraße 57, ehemals Salzstraße 15), andere verlagerten zumindest Teile der Produktion (Schweinemastställe usw.) in den Außenbereich (Hof Deimel, Am Zehnthof 2; Hof Mintert, Hockelheimer Weg 20; Weringhoff, Weringhauser Straße, Laarhof Ostermann, Am Rosenbusch…).
  • Andere Höfe, die nach dem 2. Weltkrieg aussiedelten, sind mittlerweile durch die expandierende Wohnbebauung wieder eingeholt worden (u. a. die ehemaligen Höfe Gerling, Schäferkämper Weg; Schröer und Schütte-Rixmeier, Westerntor; Wieneke, Antoniusstraße; Schäfer-Jacobi, Lindenstraße…).
  • Weithin landwirtschaftlich geprägt ist noch der südlich Bad Westernkotten vorgelagerte „Ortsteil“ Schäferkamp. Hier befinden sich noch vier Vollerwerbsbetriebe. Zahlreiche ehemalige Scheunen und Stallungen stehen aber auch hier mittlerweile leer, und es bedarf eines besonderen städtebaulichen Fingerspitzengefühls, hier eine behutsame Umnutzung zu gestalten.
  • Einige Höfe haben sich neben der Landwirtschaft weitere wirtschaftliche Standbeine geschaffen, etwa durch den Bau von Mietwohnungen, die Nutzung alternativer Energien oder das Betreiben von Pensionen und Ferienwohnungen.
  • Durch die expandierende Wohnbebauung im Heilbad Westernkotten (derzeit mehr als 4100 Einwohner, seit dem 2. Weltkrieg verdreifacht) konnten zahlreiche Flächen für Wohnbauzwecke zur Verfügung gestellt werden. Auch der Erwitter Zementindustrie mit ihrem Flächenbedarf für Abbaugelände von Kalkstein fielen zahlreiche landwirtschaftliche Flächen zum Opfer. Spektakulär hier vor allem der komplette Verkauf des südlichsten Hofes der Gemarkung, des Domhofes, an ein Zementwerk Ende der 1990er Jahre.
  • Derzeit gibt es noch die folgenden neun Vollerwerbsbetriebe in der Gemarkung Bad Westernkotten, die sich alle entweder im Außenbereich und auf dem ländlich geprägten, am Südrand des Ortes liegenden Schäferkamp befinden: Deimel, Am Zehnthof 2, Hoppe-Klossebaum, Nordstraße 43, Hoppe-Nucke, Nordstraße 57, Jakobi, Erwitter Warte 1 (Hof liegt in der Gemarkung Lippstadt), Mintert, Hockelheimer Weg 20, Mönnig, Weringhauser Straße 27, Ostermann, Laarweg 31, Schäfermeier, Nordstraße 55, Westerfeld, Hockelheimer Weg 15.
  • Im Nebenerwerb sind noch die acht Landwirte Hollenbeck-Bals, Schrop, Josef Erdmann, Josef Schäfer, Josef und Franz Westerfeld, Franz-Josef Brock, Franz-Josef Schütte und Theo Gerling tätig.

2.2. Aus der Geschichte des Ortsvereins [5]

Im Februar 1976 fand die Feier des 70-jährigen Bestehens im Rahmen des traditionellen Winterfestes statt. Zu Beginn des Abends wurde der Vorsitzende Leo Jesse für seine 25-jährige Tätigkeit als Vorsitzender vom Geschäftsführer des Kreisverbandes, Engeln, sowie dem Geschäftsführer des Ortsverbandes, Franz Mintert, geehrt. Dabei fand besonders das Engagement Jesses im Kreisverband Erwähnung. Festredner Engeln ging auf die Umbenennung des Ortsvereins in „Ortsverband“ ein und erläuterte die nötigen Satzungsänderungen. Weitere Ehrungen erhielten Josef Hoppe-Nucke und Josef Westerfeld. Nach einem gemütlichen Abendessen mit Ehrengästen aus der Verwaltung und dem Spar- und Darlehenskassenvorstand sorgte eine Kapelle für fröhliche Stunden.[6]

1977 legte Leo Jesse nach 27 Jahren als Vorsitzender das Amt in jüngere Hände. Sein Nachfolger als Ortslandwirt und Vorsitzender des Ortsvereins wurde Josef Gudermann, sein Stellvertreter Josef Schäfermeier.

Die Bullenhaltungsgenossenschaft konnte 1978 ihr 50-jähriges Bestehen feiern. Geschäftsführer dieser Genossenschaft war in den ersten 20 Jahren Ferdinand Günnewig, seit 1948 Wilhelm Gerling. Bullenhalter im Jubiläumsjahr war Fritz Vorderwülbecke. In den besten Jahren hatte die Genossenschaft 48 Mitglieder, im Jubiläumsjahr waren es 15. [7] Am 10. Juli 1979 fand gemeinsam mit den Ehepartnern ein Ausflug zum Schlachthof Westfleisch und zum Haus Düsse statt.

Am 10.1.1980 hielt Rechtsdirektor Ludwig Mintert, Hardehausen, im Saale Dietz-Köthemann einen Vortrag zum Thema „Testament und Übergabe“.

1981 feierten die Landwirte das 75-jährige Bestehen des Ortsverbandes. Dazu heißt es im Heimatbuch: „Die Geselligkeit kam und kommt gleichermaßen nicht zu kurz. So wurde im Jahre 1910 zum ersten Mal und seitdem viele Male ein Winterkränzchen (Winterfest) gefeiert. Besonders in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg standen plattdeutsche Theaterstücke im Mittelpunkt so mancher Versammlung. Bei der Feier des 75jährigen Bestehens des Vereins am 11. Februar 1981 lebte diese Tradition wieder auf, als eine Kunstkuh auf die Bühne gebracht wurde, die nicht nur Milch geben konnte, sondern auch noch die Melkerin Kattrin (Albertine Lange) vom Melkschemel katapultierte.“[8] Ebenfalls im Jahr 1981 fand ein dreitägiges Seminar im Gasthof Sarnowski zum Thema „Buchführung“ statt. 40 Personen haben daran teilgenommen. Im Juli stand eine Besichtigung des Werkes „WZG Kraftfutter“ in Minden sowie ein Besuch des Schiffshebewerkes auf dem Programm.

Am 10.2. 1986 konnte das 80-jährige Bestehen gefeiert werden. 60 Personen waren anwesend. Die Musik führte eine Ein-Mann-Kapelle aus Schallern aus, und auch ein Alleinunterhalter war eingeladen. Als Ehrengäste konnte Vorsitzender Josef Gudermann Ortsvorsteher Beste und von der Volksbank die Herren Plümpe und Fulhorst mit ihren Frauen begrüßen.

1987 engagierte sich der Ortsverband gegen seiner Meinung nach zu hohe Einheitsbewertung der landwirtschaftlichen Flächen und schaltete sogar den Petitionsausschuss des Landtages ein, leider ohne Erfolg.[9] Am 19.5. nahmen die Landwirte Pilk, Schröer, Schütte und Jesse an einer Demonstration in Brüssel teil. Anschließend konnten sich die Demonstranten der Tage. Am 3. Juni 1987 beschloss die Versammlung auf dringendes Anraten der Geschäftsleiter der Volksbank, Groene und Plümpe, die Verpachtung der Warenabteilung der Volksbank an die WCG Kornhaus. Die Warenabteilung hatte zuvor Jahr für Jahr Verluste gemacht.[10]

Am 12.1. 1988 fand eine Versammlung zum Thema „Erbrecht“ mit Herrn Gerke vom WLV statt. 48 Personen waren anwesend. 21.6.: Besichtigung der Firma Bayer mit den Partnerinnen. Am 25.6. fand ein Grillabend am Feuerwehrgerätehaus statt. Am 1.9. wurden Maisfelder besichtigt.[11] Im Herbst diskutierten Vertreter des Landwirtschaftlichen Ortsverbandes mit der örtlichen SPD, die ein „Programm 2000″ aufstellte.[12]

Im Jahr 1998 erfolgte eine Neuorganisation des Ortsverbandes: Die Landwirte des benachbarten Ortsvereins Eikeloh schlossen sich dem hiesigen Ortsverband an, der sich fortan „Landwirtschaftlicher Ortsverein Bad Westernkotten-Eikeloh“ nannte.

In den Jahren 1999 bis 2003 war Hubert Schäfermeier Vorsitzender, sein Stellvertreter Hubertus Lohmann aus Eikeloh. Er erinnert sich, dass in dieser Zeit in der Regel nur eine Versammlung pro Jahr stattfand. Darüber hinaus fanden Fahrten statt, unter anderem zu den Firmen Westfleisch (Paderborn), Claas (Harsewinkel) und Amazone (Hasbergen). Interessen der Landwirte wurden auch bei Demonstrationen in Bonn, Düsseldorf und sogar Brüssel vertreten. Einmal war dafür sogar der komplette Hellweg blockiert.[13]

In der Mitgliederversammlung am 8.12.1999 informierte Herr Gerke vom WLV über die Themen Strompool, Milchquote und günstiges Telefonieren. An die Stadt Erwitte sollte ein Antrag gestellt werden, den Lipperweg auszubauen. Ein gemeinsam angeschaffter Schneckenkornstreuer steht allen Mitgliedern zur Verfügung.

Von 2003 bis 2005 war Heinz-Bernd Ostermann, Laarweg 31, Vorsitzender. Er erinnert sich daran, dass schon vor dieser Zeit immer wieder Diskussionen über eine Fusion mit dem Ortverband „Erwitte und Umgebung“ stattfanden, aber mal von der einen und dann von der anderen Seite abgelehnt wurden. „Es lohnt sich einfach nicht, einen Referenten zu besorgen, wenn nicht mindestens 15 aktive Landwirte an der Veranstaltung teilnehmen.“[14] Er erinnert sich, dass in diesen Jahren zum Beispiel Pflanzenschutzberater zu Gast waren, mit denen man auch auf den Ackerflächen Informationen ausgetauscht habe.

Die Chronik von Bad Westernkotten für 2005 hält folgende Daten zum LW-Ortsverein fest:

9.8.: Fast alle aktiven Landwirte treffen sich mit Vertretern der Stadt und Ortsvorsteher Wolfgang Marcus, um die Verkehrsberuhigungsmaßnahmen an der Aspenstraße zu inspizieren. Da ein Schlepper mit zwei Anhängern kaum durchkommt, wird die Stelle aufgeweitet.[15] – 10.11.: Versammlung und gemütlicher Abend des Landwirtschaftlichen Ortsvereins im Café Gerling mit Vortrag zum Naturschutz. Dabei wird auch die geplante Fusion mit dem Landwirtschaftlichen Ortsverein Erwitte diskutiert und einstimmig unterstützt. Die Entscheidung soll nun am 24.11. fallen. Gleichzeitig wird beschlossen, am Sonntag, dem 11.6. 2006 ein Fest bzw. einen Aktionstag zum 100jährigen Bestehen zu feiern. – Mitte November: Marlies Hoppe-Nucke wird als Vorsitzende des Landfrauenverbandes Erwitte wieder gewählt. Ortslandfrau für Bad Westernkotten bleibt Martina Schäfermeier, auf Anni Ostermann als Ortsvorsitzende folgt Agatha Ewers-Mönnig.[16] – 24.11.: Fusionsversammlung mit dem Landwirtschaftlichen Ortsverband Erwitte und Umgebung. Einstimmig wird der Fusion zugestimmt.[17]

In 2006/2007 hat besonders die Errichtung einer Biogasanlage auf dem Hof Schäfermeier die Gemüter in Bad Westernkotten bewegt.[18]

Damit hat der Landwirtschaftliche Ortsverband nach nahezu genau 100 Jahren aufgehört, als eigenständige Organisation zu existieren. Die 100-Jahr-Feier am 11. Juni 2006 erinnerte noch einmal an diese ereignisreichen Jahre und war all den Landwirten, Frauen und Männern gewidmet, die die Landwirtschaft in unserem Ort beeinflusst und geprägt haben.

3. Ausblick

  • Nach meiner Auffassung wird das „Höfesterben“ in Bad Westernkotten nicht mehr im großen Umfang stattfinden. Die verbliebenen neun Vollerwerbsbetriebe sind nach meiner Einschätzung – als Nichtlandwirt – recht gut aufgestellt (Expansionsmöglichkeiten, Spezialisierung, Hofnachfolger…). Auch deuten die derzeit steigenden Getreidepreise usw. auf bessere Verdienstmöglichkeiten.
  • Alle Investitionen dieser Betriebe in eine nachhaltige Entwicklung sollten insbesondere von der örtlichen Politik wohlwollend, natürlich unter Berücksichtigung vor allem der Heilbadinteressen, begleitet werden.
  • Die Zukunft der Nebenerwerbslandwirtschaft ist im Wesentlichen abhängig davon, ob hier ausreichend Verdienstmöglichkeiten gegeben sind und geeignete und interessierte Nachfolger gefunden werden können.
  • Städtebaulich kommt es vor allem darauf an, auf dem noch ländlichen Schäferkamp die Umstrukturierung behutsam voranzutreiben, ohne die bestehenden Betriebe zu beeinträchtigen.
  • Die landwirtschaftlichen Flächen sind in der Vergangenheit insbesondere durch Siedlungsausdehnung (Gewerbe- und Wohnflächen) immer weniger geworden. Hier muss darauf geachtet werden, dass bei weiteren Siedlungsprojekten eine Verdichtung im Innenbereich auf jeden Fall einer Ausdehnung in den Außenbereich vorzuziehen ist.
  • Im Außenbereich ist insbesondere für ordentliche und gepflegte Wirtschaftswege und einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen des Naturschutzes, der Zementindustrie und der Landwirtschaft zu sorgen. Dabei spielen Begriffe wie FFH, „Erwitter Senke“ und Biotopvernetzung eine Rolle.

Anhang : Vorsitzende des Vereins

  • 1906 – 1926             Leo Jesse
  • 1926 – 1928             Heinrich Deimel
  • 1928 – 1932             Leo Jesse
  • 1932 – 1933            Josef Besting
  • 1933 – 1945             Josef Pieper
  • 1946                        Josef Jakobi
  • 1946 -1950              Heinrich Eickmann
  • 1950 -1977              Leo Jesse
  • 1977 -1986              Josef Gudermann
  • 1987- 1993              Josef Schäfermeier
  • 1993 – 1999             Josef Schütte-Rixmeier
  • 1999 – 2003             Hubert Schäfermeier
  • 2003 – 2005             Bernd Ostermann

  • [1] Diese und einige der folgenden Angaben nach: Strotdrees, Gisbert, Höfe, Bauern, Hungerjahre. Aus der Geschichte der westfälischen Landwirtschaft 1890-1950, Münster 1991,  S.200
  • [2] ebd. S.208
  • [3] ebd. S.231
  • [4] ebd. S.234
  • [5] Im Wesentlichen aus den Protokollbüchern zusammengestellt. Die Akten des LW-Ortsvereins Bad Westernkotten wurden von mir im Frühjahr 2006 gesichtet und befinden sich nun in einem Depositalbestand im Stadtarchiv Erwitte; so sind noch drei Protokollbücher  vorhanden: Band I: 1906-1913, Band II: 1914-1928, Band III: 1928- 1986; darüber hinaus einige Einzelprotokolle
  • [6] Patriot 20.2.1976
  • [7] aus dem Redemanuskript von Josef Schäfermeier, Nordstraße, am 1.6.2006 freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
  • [8] Bad Westernkotten. Altes Sälzerdorf am Hellweg, Lippstadt 1987; vgl. dazu auch: Patriot, 13.2.1981
  • [9] Schriftverkehr im Eigentum von Josef Schäfermeier, Kopien im Archivbestand des Landw. Ortsverbandes
  • [10] Einzelprotokoll vom 3.6.1987
  • [11] Protokollbuch IV, S. 1 und 2
  • [12] Für die folgenden 10 Jahre fehlen die Vereinsprotokolle
  • [13] mündliche Mitteilung von Hubert Schäfermeier am 31.5.06
  • [14] mündliche Mitteilung von Heinz-Bernd Ostermann am 31.5.2006
  • [15] Patriot 8/05
  • [16] Patriot 18.11.2005
  • [17] Patriot 22.11.2005
  • [18] vgl. unter anderem Patriot vom 2.2.2007