1973: Das Heilbad Westernkotten (Gröger)

von Helmut Werner Gröger

[Erstabdruck: Gröger, Helmut Werner, Das Heilbad Westernkotten, in: Kreisverwaltung Lippstadt (Hg.) Der Kreis Lippstadt, Oldenburg 1973, S. 161-165 [1 Exemplar im StA LP]

[im Original auch weitere Fotos vom Heilbad Westernkotten enthalten! ]

Zur Forderung der öffentlichen Gesundheitspflege und der vorbeugenden Heilfürsorge betreiben im Kreisgebiet Lippstadt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe in Münster (Westf.) seit dem 29. Dezember 1950 gemeinsam mit dem Kreis Lippstadt, den Städten Lippstadt und Geseke sowie den Ämtern Anröchte, Erwitte und Störmede, der Bad Waldliesborn-GmbH und der Gemeinde Bad Westernkotten das Kommunalbad Westernkotten, und zwar in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Durch weit vorausschauende Initiativen seiner Gesellschafter und der Geschäftsführung, verbunden mit laufenden Förderungsmaßnahmen und beachtlichen Investitionen, konnte der aus dem alten Salzwerk hervorgegangene Bade- und Kurbetrieb des heimischen Sol- und Moorbades Westernkotten stets auf dem neuesten Stand gehalten werden.

Bad Westernkotten besitzt in seinen ergiebigen Solquellen und in dem durch die Gemeinde Bad Westernkotten unentgeltlich überlassenen Muckenbrucher Moorvorkommen in hohem Maße ortsgebundene, natürliche, wissenschaftlich anerkannte und durch Erfahrung bewährte Heilmittel des Bodens. Ihre Analysen begründen die Indikationen für Herz- und Kreislauferkrankungen, rheumatische Erkrankungen, Erkrankungen der Luftwege und Frauenkrankheiten.

Es werden alle für stationäre und ambulante Badekuren erforderlichen Kurmittel, einschließlich der ergänzenden kurärztlichen Behandlung, badeärztlich verordnet und die eigentlichen, oft differenzierten Anwendungen sehr sorgfältig überwacht. Dies ist schon deshalb unausweichlich, weil ein Solevollbad von 350 Litern in gelöster Form allein 61 Pfund Salz und andere Stoffe enthalt, die beträchtlich in Verbindung mit Kohlensäure auf den menschlichen Organismus einwirken und so den Heilungsprozess& — ähnlich wie bei der Moorbehandlung — anregen. Seit Jahren liegen die Soleentnahmen höher als früher der Verbrauch der Pfännerschaft Westernkotten zur Salzsiedung und des daraus resultierenden Salzhandels, der weit über die Grenzen Westfalens hinaus von großer Bedeutung war. Salz war früher bestimmend für das Gemeinwesen Westernkotten und hatte als fast ausschließlicher Wirtschaftsfaktor einen bemerkenswerten Wohlstand zur Folge. Die heutigen Erträgnisse aus dem Bade- und Kurbetrieb, in enger Verbindung mit dem Fremdenverkehr, setzen diese Entwicklung konsequent fort. Es kann gefolgert werden, dass durch die aus allen Teilen Deutschlands kommenden Kurgäste jährlich annähernd 7 Millionen DM ursprünglich umgesetzt und auch in den Nachbargemeinden mehrfach umgeschlagen werden. Eine steigende Tendenz ist unverkennbar. So wurden 1972 insgesamt 5416 Kurgaste mit 115 252 Übernachtungen registriert und 169 225 Kurmittel abgegeben. In den Jahren 1950 bis 1972 sind in Bad Westernkotten 82 726 Kurgaste behandelt worden. Der überwiegend von privater Seite erstellte Beherbergungsraum ist von anfänglich 110 Betten auf 486 Betten vermehrt worden. Moderne und leistungsstarke Restaurations- und Gaststättenbetriebe mit gutem Niveau sind neben dem badeeigenen Kurhaus Bad Westernkotten vorhanden.

Um dem Bettenmangel zu begegnen, ist vor kurzem im Bereich des durch Bauleitplanung im Westernfeld ausgewiesenen Kurgebietes mit der Planung und Errichtung weiterer Kurpensionen und Kurheime begonnen worden. Aber bereits heute ist Bad Westernkotten aufgrund seiner Frequenzen und Übernachtungsziffern den mittleren deutschen Heilbädern mit ausgesprochenem Kurortcharakter zuzurechnen.

Noch bevor die ,,Grundsätze für eine zeitgemäße Behandlung in den Heilbädern und Kurorten” vom Deutschen Bäderverband e. V. in Bonn herausgegeben wurden, ist die moderne Kurortbehandlung in Bad Westernkotten praktiziert worden. Es konnten kontinuierlich Kureinrichtungen geschaffen werden, die Wegbereiter des am 11. Januar 1973 in Betrieb genommenen Kur- und Bewegungszentrums darstellen. Das in relativ kurzer Zeit erbaute Moor- und Kurmittelhaus in unmittelbarer Nähe der 1965 erbohrten „Westernfelder Solequelle” verfügt über Einrichtungen für Moorpackungen mit Moortretbecken, eine CO2-Abteilung sowie neben einer neuzeitlichen Gymnastikhalle und Massageabteilung vor allem über ein Sole-Bewegungsbad mit Umkleide- und allen Nebenraumen. Es handelt sich um rein medizinische Einrichtungen, in denen weitgehend die ortsgebundenen Kurmittel Moorerde und Sole verwendet werden. Die im Badehof Wiese zunächst verbleibende Solebadeabteilung, das Inhalatorium und die Hydrotherapie ergänzen sinnvoll und anerkannt die Behandlungs- und Anwendungsmöglichkeiten im Kurmittelbereich des Bades Westernkotten.

In Anerkennung aller Leistungen ist am 1. Juli 1958 nach der 700-Jahrfeier durch das nordrhein-westfälische Innenministerium dem Hellwegdorf Westernkotten die Bezeichnung „Bad Westernkotten” verliehen worden. Damit wurde der seit urdenklichen Zeiten betriebenen Salzsiederei auch nach außen ein sichtbares Ende gesetzt und dem Sol- und Moorbad Westernkotten eine Leistungsbescheinigung ausgestellt auf dem Wege zu einem bewährten Heilbad unserer Zeit, welches in Kürze die neuerdings übliche staatliche Anerkennung erhalten wird.